Anreise auf die "große Insel".


"Nein, sonntags fährt kein Bus", sagt der junge Mann auf meine Frage hin, und so kollidieren gleich am ersten Urlaubstag deutsche Planung und griechische Realität. Dabei hatte vorher alles so gut geklappt.

 

Am Samstagnachmittag waren wir (trotz deutschen Lokführerstreiks mit der S-Bahn zum Flughafen - die Zeiten, als es in GR mehr Streiks als in D gab, sind lange vorbei) von Stuttgart nach Preveza geflogen, wo uns Yannis, der Taxifahrer aus Nidri erwartet und für 45 Euro nach Nidri brachte. Der Flug war voll gewesen, auffällig die vielen Segler, die durch die ionischen Gewässer kreuzen wollten.

In den "Cosmos Studios" in Nidri hatten wir ein preiswertes und sauberes, wenn auch nicht ganz ruhiges Zimmer für eine Nacht (28 Euro) gefunden, der VfB hatte sein drittletztes Saisonspiel gegen Mainz gewonnen und wir daraufhin einen netten Abend bei leckeren Mezedes in einem der Lokale an der Paralia verbracht.


Damit wir bei der Ankunft auf Meganísi auch einen Bus zu unserem Zielort Spartochori vorfinden würden, hatte ich erst die Fähre um 14 Uhr ausgewählt, was uns am Sonntagvormittag noch die Zeit für ein langes Frühstück und einen Bummel durch Nidri ließ - nicht ganz so schlimm touristisch wie erwartet (oder befürchtet), aber es war ja gerade mal der 10. Mai, und die vielen touristischen Angebote entlang der Straße ließen auf entsprechende Nachfrage in der Hauptsaison schließen. Nein, Lefkada war nicht unser Reiseziel in diesem Urlaub.

Um 14 Uhr legte dann die Fähre "Meganisi II", Typ Landungsboot, mit uns an Bord ab. Tickets hatte ich vorher bei Borsalino Travel gekauft: 1 Euro 80 pro Person - es hätte sie auch an Bord gegeben. Und so tuckerte die "Meganisi II" an den Inseln Madouri und Skorpios vorbei nach Meganisi. Alles sehr sehr grün und waldig - hmm, eigentlich nicht so mein Fall. Mal sehen.

 

Schon nach zwanzig Minuten sahen wir unser Ziel, den Ort Spartochori, oberhalb des Hafens Spilia liegen. Rechts außerhalb das große Hotel "Esperides Resort", das ich zunächst als Quartier ausgewählt hatte, dann aber zugunsten der im Ort über dem Hafen gelegenen und von Achim empfohlenen "Panorama Studios" storniert hatte. Die Besitzer sind in Deutschland, aber wir würden von der Nachbarin erwartet.

Die Information über die "große Insel" Meganisi in gedruckten Reiseführern ist spärlich. Die Recherche im Internet ergab mehr, unter anderem den Busfahrplan, allerdings schon älteren Datums.


Tja, und nun standen wir da, ohne Bus, und würden wir uns wohl erst ein Taxi hinauf organisieren müssen.

 

Wo wir denn hinwollten, fragt der junge Mann. Nach Spartochori. Ins "Esperides Resort"? Nein, ins "Panorama". Das kenne er nicht, (er wäre aus Vathy, schiebt er entschuldigend nach), aber er fahre uns gerne hinauf, kein Problem, und schon lädt er unser Gepäck in seinen PKW ein. Ich zeige noch dorthin über uns, wo ich unser Quartier vermute - direkt über dem Hafen, und er fährt die westliche Straße hinauf. Ein Mal ruft er etwas von einem "Chameléo", aber bis ich verstanden habe was er meint, ist er schon weiter, und ich sehe das Tarnviech im Gebüsch am Straßenrand nicht. Schade!

 

Zwei Minuten später sind wir schon am Ortseingang von Spartochori, einem von drei Orten auf Meganisi. Er lädt uns samt Gepäck aus, und zeigt auf die Straße, die in den Ort führt. Er muss die Umfahrung nehmen. Wir bedanken uns sehr herzlich, und haben gleich den besten Eindruck von den Inselbewohnern.

Ich möchte die Mutter mit dem Gepäck stehen lassen und erst mal alleine nach dem "Panorama" gucken, als eine ältere Dame in einem rosenblühenden Garten auftaucht und uns neugierig nach dem Woher und Wohin fragt. Der Name unseres Quartiers sagt ihr nichts, aber dass die Besitzer in Deutschland wohnen, hilft ihr auf die Sprünge. Sie zeigt uns den Weg, und zwar den trolleyfreundlichen, asphaltierten, mitten in den Ort hinein. Das sind die Momente, wo sich mein Griechischkurs bezahlt macht, denn sie spricht kein Englisch.

 

Kein Schild verweist auf unser Quartier, aber wir sollen laut nach der Nachbarin Tassia rufen, was ich dann auch beherzt tue. Die haben wir nun leider im Mittagsschlaf gestört, aber sie erscheint oberhalb auf einem Balkon und zeigt uns die drei Studios, die zu unserer Auswahl stehen. Die hilfsbereite Dame hält dann gleich noch ein kleines Schwätzchen mit ihr ehe sie sich verabschiedet. Natürlich bedanken wir uns herzlich bei ihr (und haben schon einen Eindruck wie sich das Dorfleben hier so gestaltet - da bleibt wenig geheim).

 

Wir nehmen das mittlere Zimmer - den breiten Balkon mit Panoramablick haben wir eh für uns, denn wir sind die einzigen Gäste (außer dem Schwalbennest über uns), und werde es auch bleiben. 35 Euro bezahlen wir pro Nacht.

Die Zimmer sind einfach und zweckmäßig ausgestattet, aber es ist alles vorhanden was wir brauchen (Wifi gehört nicht dazu, ist auch nicht da), und der Blick über den Seglerhafen Spilia und hinüber nach Lefkada, Skorpios und aufs Festland ist toll.

Meganisi gehört zur Inselgruppe der Tilevóides (wie auch Skorpios, Kastos und Kalamos), ist sichelförmig, 22 Quadratkilometer groß und hat etwa tausend Einwohner, die sich auf drei Orte verteilen: den Verwaltungs- und Hauptort Katomeri im Inneren des Inselosten, den größeren Hafenort Vathy im Nordosten, vor allem bei Seglern beliebt, und der über dem zweiten Seglerhafen Spilia gelegene Spartochori im Nordwesten der Insel, wo wir uns jetzt befinden. Die Insel ist maximal 297 Meter hoch und ziemlich waldig (Olivenbäume und Aleppokiefern, auch wenn manche Reiseführer über die Ionischen Inseln oft ignorant und falsch von Pinien schreiben - ein gängiger Übersetzungsfehler aus dem Englisch: pine = Kiefer, die deutsche Pinie ist aber eine Unterart der Kiefer. D.h. jede Pinie ist eine Kiefer, aber nicht jede Kiefer eine Pinie. *Oberlehrermodus aus* ).

Der Süden der Insel erstreckt sich als eine fünf Kilometer lange, sehr schmale und felsige Landzunge ins Meer, während es im kompakten Inselnordosten zahlreiche tiefe Buchten gibt, die Seglern und Fischern Schutz bieten.

Für vier Nächte wollen wir nun hier bleiben und die Insel - vorzugsweise zu Fuß - erkunden. Meganisi ist ja relativ flach und somit geruhsam zu erwandern, Gipfeltouren (und entsprechende SMS) stehen keine auf dem Programm. Als Landkarte habe ich die Lefkada-Karte von Skai-Terrain dabei, Ausgabe 2009, gedruckte Informationen gibt es bei Klaus Bötigs "Korfu und Ionische Inseln" und bei Baedekers "Korfu/Ionische Inseln". Alles nicht üppig, aber über die Insel gibt es wohl nicht so viel zu berichten.  Dann schaun mer mal.

 

Nach einer schöpferischen Pause sehen wir uns Spartochori an. Ein nettes Dorf mit engen Gassen, vielen Blumen, schmucker Kirche samt Palme und Campanile, einer Platia mit Meerblick und Denkmal (für Marinos Zampatis, 1997 von albanischen Schmugglern getötet), zwei Mini-Märkten (in einem gibt es morgens auch frisches Brot aus Vathy), einem Café mit Aussicht, dem Pizzeria-Taverne-Café "Tropicana", der Taverne "Lakis" und einem kleinen Souvenirladen.

Wir kehren auf einen Frappé ins Aussichtscafé ein, beobachten vom Anlegeplatz Spilia den Treppenweg heraufkeuchende Segler und die Fähre "Meganisi II" auf ihrer letzten Runde zwischen Nidri und Meganisi (sie legt manchmal auch in Vathy an). Das Wetter ist noch gut, aber etwas schwül. Dieses ionische Wetter, ob das unser Fall ist? Auf alle Fälle haben wir uns heute Nacht mit den vom Winter ausgehungerten ionischen Schnaken herumgeschlagen, und die scheinen mehr Biss zu haben als die ägäischen (und dummerweise bevorzugen sie nicht meine Mutter wie die ägäischen, sondern mich. Und das wird den ganzen Urlaub so bleiben :-( Klar Punkt gegen Ionien... ;-) ).

Gerade als wir von den Einkäufen zurück sind, bricht dann das Gewitter los. Unten in der Marina von Spilia haben sich viele Segelboote versammelt - es hat reichlich Platz dort. Wobei ein Segler, der längsseits anlegen will, trotzdem eine Abfuhr bekommt - alles ordentlich in Reih und Glied. Es kübelt wie aus Eimern und stürmt auch ganz gut, aber nach einer halben Stunde ist das Gewitter auch schon wieder vorbei, und kurz darauf unser Balkon wieder trocken, so dass wir unseren Abendouzo draußen trinken können.

Der Panoramablick ist einfach bestechend und reicht vom Esperides-Hotel über Lefkada und Skorpios bis aufs griechische Festland von Plagia über Paleros bis Perivolia. Ganz schön hohe Berge, diese akarnanischen Gipfel (bis 1600 Meter).  Fast fühlt man sich an einem Alpensee - kein offenes Meer zu sehen.

Zum Abendessen gehen wir zu "Lakis". Das Lokal sieht sehr gepflegt aus, mit einer überdachten Terrasse. Es sieht so aus, als hätte es eben erst aufgemacht. Es sind noch zwei Tische belegt, von älteren britischen Paaren - neben den wechselnden Seglern (gerne in Flottillen) wohl das Stammpublikum in der Vorsaison (Ionian Island Holidays ist einer der Anbieter, die kenne ich noch von Paxos).  Später kommen noch vier weitere Briten - Stammgäste offenbar.

 

Wir bestellen das Tagesessen, gegrillten Schwertfisch, und und eine Portion Souflakia, vorab noch Gigantes. Ein junger Mann (Sohn des Hauses?) bedient sehr freundlich, und auch sportlich (die Terrasse geht über zwei Etagen - die obere erklimmt er leichtfüßig springend, auch mit Essenstablett). und das Essen ist sehr lecker und reichlich. Das Ambiente ist auch stimmig, und man sieht noch, was auf der Straße abgeht (ok, das ist nicht soo viel, aber trotzdem). Ja, Spartochori war eine gute Wahl. Danke für den Tipp, Achim!

 

Morgen wollen wir uns dann die beiden anderen Ortschaften auf der Insel ansehen.