Nun ist es doch wieder dunkel geworden bei unsere Ankunft auf Anafi. Wie vor 8 Jahren, als wir das erste und bisher einzige Mal auf Anafi waren. Damals waren wir allerdings nachts gegen halb 5 Uhr angekommen, nun ist es durch die Verspätung der "Panagia Tinou" fast 22 Uhr geworden (planmäßig wäre 20.30 Uhr gewesen), also noch eine zivile Zeit.
Am Hafen stehen 2 oder 3 Kleinbusse von Pensionen, daneben der nur unwesentlich größere Linienbus nach Chora. Sollen wir in eine der Pensionen gehen, oder doch lieber in den öffentlichen Bus und
selbst was suchen? Wir entscheiden uns für die 2. Lösung und steigen in den öffentlichen Bus, der nette Busfahrer lädt unser Gepäck ein. Der Bus wird voll, es sind doch einige Touristen gekommen,
vor allem Franzosen scheint es nach Anafi zu ziehen. Es geht die 3 Kilometer auf der Serpentinenstraße nach oben, 1 Euro ist pro Person dafür zu bezahlen. Nicht alle steigen aus, fährt der Bus
noch woanders hin? Ehe wir uns orientiert haben, stehen wir alleine da – wo sind denn die anderen alle hin? Wir gehen ein paar Meter Richtung Zentrum, niemand fragt uns, ob wir ein Zimmer haben
wollen. Trotz der Ankunft mitten in der Nacht war das vor 8 Jahren anders gewesen, da wurden wir sofort angesprochen.
So mache ich mich alleine auf zur Pension "Ta Plagia" am östlichen Ortsrand, die ich mir im Internet angesehen hatte und die mir ganz gut gefallen hatte. Aber dort ist niemand, alles ist zu. Zurück im Ort fragen wir in der Taverne "Liotrivi" nach dem Vermieter von "Ta Plagia" oder auch einem anderen Zimmervermieter. Darauf hat eine Frau gewartet, sie vermietet Zimmer, genannt "Panselinos", wie auf einem Schild gegenüber des "Liotrivi" steht. Wir lassen unser Gepäck erst mal stehen und gehen mit, durch die Gassen von Chora, die gerade komplett neu gepflastert werden, wir steigen durch feuchten Lehm. Die Rooms liegen am unteren Ortsrand der Chora, sind recht neu, sauber und nicht zu klein, vom Balkon hat man eine schöne Aussicht Richtung Osten, zum Kap Kalamos und Richtung Hafen. Ein Dreierzimmer gibt es nicht, aber wir bezahlen fürs DZ 20 Euro und für EZ 15 Euro, sehr preiswert, Anafi ist doch deutlich günstiger als Folegandros.
Nun müssen wir unser Gepäck noch holen, bei der Gelegenheit essen wir im "Liotrivi" gleich noch eine Kleinigkeit, Rote-Beete-Salat und Saganaki, bevor wir die Trolleys über die Pflasterbaustellen zu unseren Zimmern schleppen – ist doch gar nicht so weit wie gedacht.
Als wir am Morgen aufwachen, werfen wir einen Blick aus dem Fenster: ja, es ist eigentlich immer noch so wie damals, es scheint sich wenig geändert zu haben. Nur gegenüber ist nun eine Tankstelle, klar, inzwischen gibt es ja mehrere Straßen auf Anafi, davon eine zum Kloster Zoodochou Pigi. Und unsere Zimmer befinden sich im "Pensionenviertel" von Anafi – alles neu gebaut in den letzten Jahren. Damals wohnten wir in den "Rooms Anafi" – bei der gleichen Vermieterin wie jetzt, bei Kalliopi "Popi", aber oben im Ort. Das "Panselinos" hat sie vor 4 Jahren gebaut, die alten Zimmer vermietet sie nur noch in der Hochsaison. Daneben liegen die Studios "Villa Galini" und noch ein weiteres, dessen Namen wir nicht in Erfahrung bringen. Vor unserem Haus führt der Fußweg hinunter nach Agios Nikolaos, dem Hafenort.
Wir wollen frühstücken gehen, aber die Taverne "To Steki" hat vormittags noch nicht geöffnet, das daneben liegende Café "Argo" hat die Saison noch gar nicht eröffnet, so wenig wie das "Armenaki",
bei dem wir die fortschreitenden Malerarbeiten aber in den nächsten Tagen gut beobachten können, denn der Weg vom "Panselinos" in die Chora führt dort vorbei.
Schließlich bekommen wir im "Astrachan" ein Frühstück auf dem Balkon mit Traumaussicht, sogar ein Omelette mit einem leider grässlichen, völlig ungenießbaren Speck, der wohl schon seit Jahren in der Speisekammer hängt. Die Wirtin Agapia kann aus der Küche durch ein Fenster das Geschehen im Lokal beobachten (und singt dabei), das Gemüse kommt aus dem eigenen Garten, und ihr Mann bedient, wenn er nicht mit dem Fernglas von seinem Adlerhorst aus zum Hafen hinunter und aufs Meer hinaus sieht. Im Reiseführer wird sie als Unikum erwähnt, wir essen auch einmal abends dort, es ist reichlich und sehr griechisch: lauwarm, ölig, und die Vorspeise kommt mit der Hauptspeise. Nicht gerade eine kulinarische Offenbarung, und einen Tsipourro brauchen wir danach unbedingt! Aber ich greife vor, das ist erst am nächsten Tag.
Nach dem Frühstück bummeln wir durch die Gassen, hinauf zur Kapelle auf dem Felsen, einkaufen im Mini-Markt und beim Bäcker. Sich nach Busabfahrtszeiten erkundigen. Nein, er gibt keinen Bus zum Kloster Zoodochou Pigi, dabei will ich unbedingt von dort aus auf den Kalamos-Felsen zum Kloster hinaufsteigen... Taxi gibt es auch keines :-( , Badeboote fahren noch nicht, natürlich. Der Bus fährt nur zwischen Hafen und Chora wenn eine Fähre kommt, der Fährplan vom letzten Jahr hängt noch in der Gasse, er würde noch gelten. Immerhin, aber wie komme ich jetzt zum Kloster? Hin und rück zu Fuß, dann noch rauf auf den Felsen, das zieht sich, wir sind vor 8 Jahren bis zum Zoodochou Pigi gewandert, nein danke! Mist, ich will da unbedingt hin, hatte mich deshalb schon mit dem sonst eher ärgerlichen Straßenbau angefreundet. Vielleicht ein Zweirad mieten, oder ein Quad? Und dann sehe ich es: man kann nicht nur Zweiräder mieten, sondern inzwischen auch Autos! Wer hätte das gedacht, aber man muss natürlich den (aus EU-Mitteln) gebauten Straßen Rechnung tragen. Ich erkundige mich bei Margarita, die auch die Zimmer "Panorama" vermietet: 25 Euro kostet das Auto am Tag, natürlich bei freien Kilometern. Na, da wird doch noch was aus meinen Gipfelstürmerträumen!
Zunächst verbummeln wir den Tag aber noch in der Chora, spazieren am Nachmittag hinunter zum Hafenort auf einen leckeren griechischen Salat mit eingelegten Kapern im "Akrogiali" und zum Strand Klissidi, der sich sehr gepflegt und sauber präsentiert, mit jeder Menge schattenspendender Bäume am Rand. Badegäste sind an dem heutigen, etwas windigen Tag aber nahezu Fehlanzeige, außer uns verlieren sich nur noch 3 Personen dort. Mit einer davon, U., kommen wir ins Gespräch. Sie möchte auch auf den Kalamos-Felsen, wir haben noch einen Platz im Auto frei und werden sie mitnehmen.
Zunächst geht es aber zurück zum Hafen, der war schon vor 8 Jahren eine traurige Ansammlung von wenigen Häusern mit dem knatternden Generator dahinter – hier hat sich nichts verbessert. Doch,
anscheinend wird er – unterstützt mit EU-Mitteln, was wären diese Inseln ohne die EU? – ausgebaut, große Betonblöcke liegen herum, es gibt inzwischen sogar 2 Anlegestellen. Aber dass gearbeitet
wird, sehen wir nicht, vielleicht nur im Winter? Außer dem "Akrogiali" mit dem angegliederten Reisebüro "Central Agency Anafi" der Familie Roussos – es öffnet wohl kurz vor der Abfahrt jeder
Fähre – gibt es noch nicht mal einen Mini-Market. Die einzige Unterhaltung bietet der verspielte junge Hund, der zur Taverne gehört, abends sehen wir ihn oft in der Chora, wo er mit den Kindern
Fußball spielt. Er hat ein Bad im Meer genommen und sich anschließend – zum Missfallen der Besitzer – im Sand paniert, nun hofft er auf Streicheleinheiten, kriecht unterwürfig an potentielle
Streichler heran und wird nun von den Besitzern ausgeschimpft und an die Leine gelegt. Zu allem Überfluss provoziert ihn noch eine Katze, die vorbeistolziert, außer Reichweite natürlich!
Dann kommt endlich die Fähre "Arsinoi". Nur wenige verlassen das Schiff, wir nutzen den öffentlichen Bus um wieder hinauf in die Chora zu kommen. Das Abendessen nehmen wir im "To Steki" ein,
guter Durchschnitt. Dazu Wein von Anafi, der ein wenig wie Sherry schmeckt – nicht schlecht!
Am nächsten Tag soll es nun auf den Kalamos gehen, für U. und mich. Mutter und Tante werden dafür das Badeleben am Kalamos-Strand genießen. Ich hole das Auto beim Rent-A-Moto ab und muss dafür – zu meinem Erstaunen – meinen Führerschein abgeben. Hoffentlich werde ich nicht kontrolliert...
Das Auto ist ein roter Suzuki Swift, der dem, den wir vor anderthalb Jahren auf Kea hatten, sehr ähnelt. Hat auch rund 85.000 Kilometer – seit wann gibt es nennenswerte Straßen auf Anafi? Auf der gut ausgebauten und sehr wenig befahrenen Straße fahren wir dir knapp 9 Kilometer zum Kloster Zoodochou Pigi. Das Kloster überrascht mit neu aufgebauten Gebäuden und zahlreichen Blumen, die der Aufseher liebevoll überall angepflanzt hat. Er und sein Hund begrüßen uns freundlich, wir bekommen eine leckere Süßigkeit mit Mandeln. Dafür sind die Reste des antiken Apollontempels in einem sehr schlechten Zustand, wegen Baufälligkeit ist er abgesperrt. Auch die Kirche ist besser gepflegt als vor 8 Jahren, als eine alte Frau nach dem Rechten sah. Die Straße hat dafür gesorgt, dass es hier nun nicht mehr so abgelegen ist, und die Panigiria scheinen auch größer geworden zu sein.
Dann geht es für U. und mich los, hinauf auf den Kalamos, links am Kloster vorbei. Zuerst über eine recht steinige Halde, aber der Weg ist dennoch gut zu finden, führt konstant bergauf. Der Wind
macht die Sache nicht zu schweißtreibend, und das Tempo von U. ist gleichmäßig gut. Schnell liegt das Kloster unter uns und erinnert an Abbildungen des Katharinenklosters auf dem Sinai. Wir
kommen in den Schatten des Berges, an einigen besonders ausgesetzten Stellen wurden sogar Geländer angebracht. Wenn doch alle Wege in Griechenland so gut zu finden und gepflegt wären! Nach einer
Stunde auf dem Kamm zum Nachbarberg sehen wir den Gipfel mit einem Kreuz vor uns liegen und 10 Minuten später leuchtet die weiße Kuppel der Panagia Kalamiótissa hervor, die bisher vom
Gipfelfelsen versteckt war.
Zu unseren Füßen liegt Anafi, in der Ferne leuchtet die Chora, man sieht den Hafen und die Straße, dich sich zu uns her schlängelt. Die schönen Strände Anafis verbergen sich aber hinter dem Berggipfel, der dem Kalamos vorgelagert ist. Neu geweißelt wurde die Panagiakirche, die aber leider geschlossen ist. Im Süden kann man Kreta ahnen, es ist aber zu dunstig, wir werden es 2 Tage später sehen, ebenso wie die im Norden und Westen liegenden Inseln von Santorin über Ios, Iraklia, Paros und Naxos.
Ein Gipfelfoto muss natürlich sein, eine gute halbe Stunde genießen wir die Aussicht, rasten, fotografieren, bevor es wieder abwärts geht. Unten sind wir schneller, aber man muss schon etwas auf den Weg aufpassen, abwärts rutscht man leicht auf losen Steinen und Geröll aus, auch wenn U. und ich in ein intensives Gespräch über die Vorzüge und Nachteile diverser griechischer und italienischer Inseln vertieft sind. Das Auto steht noch vor dem Kloster, schnell die Schuhe gewechselt und runter gefahren zum Kalamos-Strand, wo es sich meine Mutter und Tante im Schatten einer Tamariske gemütlich gemacht haben. Außer uns ist niemand dort, meine Tante hat die Gelegenheit genutzt, sich einen Traum zu erfüllen – na ja, das Schild mit "Nudism forbidden" hat sie erst nachher gesehen. Das Wasser ist kalt, nur 18°C, ich bin aber trotzdem schnell drin und genieße die Abkühlung.
Nach einer längeren Pause besteigen wir wieder unser Auto, wir wollen schließlich auch die anderen Straßen Anafis erkunden, d.h. befahren. Wir zotteln zurück zur Chora, bestaunen unterwegs einige hübsche Villen, suchen den Kastelli-Felsen, wo man noch einige Reste der antiken Inselhauptstadt bewundern können soll. Kurz vor der Chora biegt rechts eine Straße ab, zum Heliport und nach Vrissi, wir folgen ihr ins Inselinnere. "Vrissi" und "Agios Mammas" sind angeschrieben, das sind aber keine Orte, bestenfalls Weiler, Häuser oder Kapellen. Die Straße ist sehr gut, schlängelt sich mit schönen Ausblicken entlang. Ein Bauer begegnet uns auf seinem Quad, im Eselstempo kriecht er die Straße entlang. Wenig später dann auch einer auf seinem Esel, der erste Esel, den wir hier sehen, die Zeiten verändern sich. Vor 8 Jahren waren sie omnipräsent, die Esel mit ihren Glöckchen, jetzt muss man die Grautiere fast suchen. An einer Kreuzung halten wir uns links, aber die gute Straße endet nach ein paar hundert Metern, geht in eine Schotterpiste über, die anscheinend nach Vrissi führt, das an der Nordküste liegt, wir sehen, wie die Piste sich hinunterwindet. Zurück an der Kreuzung nehmen wir die andere Route, die entlang eines Berges – na ja, Hügels – nach Osten führt. Rechts, der Berg, das muss Kastelli sein. Unser Wanderführer beschreibt eine Wanderung dahin, die werden wir aber auslassen, man muss ja nicht auf jeden Gipfel. Etwa 2 Kilometer später endet auch diese Straße an der Kapelle Agios Panteleimonas.
Es sieht aber so aus, als ob hier demnächst weitergebaut wird, hinunter zur Küstenstraße bei Megas Potamos. So ganz erschließen sich uns diese Straßenbauaktionen nicht, außer dem Bauern auf
seinem Esel und dem auf dem Quad ist uns niemand begegnet. Müssen wohl mal wieder EU-Mittel an den Mann gebracht werden, diese großen blauen Tafeln mit Bauprojekten, -summen und dem EU-Emblem
sehen wir auf jeder Insel, staunen, in welchen Größenordnungen Geld mehr oder weniger sinnvoll verbuddelt wird. Auf Anafi entdecken wir gleich 3 Tafeln, eine am Hafen für den Ausbau desselben,
eine in der Chora für die Neupflasterung der Gassen, und eine unverständliche an einer hohen Mauer am Ortseingang, über der Straße.
Wir werfen nochmals einen Blick auf den eindrucksvollen Kalamos-Felsen, bevor wir wieder nach Chora zurückfahren und nun die 5 oder 6 Kilometer nach Westen fahren, nach Vagia. Recht grün
präsentiert sich Anafi hier, vor allem Weinstöcke leuchten in frischem Hellgrün, dazwischen vereinzelt Höfe und Hütten. Die Straße endet – wie hätte es anders sein können – an der Müllkippe.
Erstaunlich wenig Müll hier, hat ihn der letzte Sturm mitgenommen, oder wurde er abgefackelt und nun sammelt sich neuer? Er brennt allerdings nicht. Vor 8 Jahren war die Müllkippe noch direkt
hinter der Chora, der Qualm und Brandgeruch zog je nach Windrichtung durch die Gassen. Besser so? Hier vom Westen Anafis hat man eine guten Blick auf Santorin, die weißem Häuserreihen (und nachts
eine Lichterkette) am Calderarand krönen die dunkle Insel – ist das dicht bebaut!
Wir fahren zurück nach Chora, geben das Auto ab, haben aber dummerweise nicht getankt. Stolze 12 Euro für das Benzin wird die Autoverleiherin dafür kassieren, mehr als 50 Kilometer sind wir
bestimmt nicht gefahren, was soll’s.... Das bereits erwähnte Abendessen bei Agapia ist leider nicht unbedingt eine Offenbarung, da gehen wir die nächsten Abende lieber woanders hin.
Den folgenden Tag verbummeln wir mehr oder weniger. Frühstück machen wir uns inzwischen selbst, ein Heißwasserkocher sowie Tassen und Löffel sind in den Zimmer vorhanden (wir hatten ja Kaffeelöffel dabei, haben die aber versehentlich auf Folegandros gelassen). Das Brot vom Bäcker ist gut, die Koulouraki sind eher so na ja, etwas sehr trocken (oder altbacken?).
Es ist sehr windig heute, Plastiktüten fliegen durch die Luft und wir bangen um unsere Handtücher, die an der Wäscheleine hängen. Auf dem Kalamos hätte es uns ordentlich verblasen – gut dass wir schon gestern oben waren! Wir genießen den Blick vom Balkon auf das Tal Richtung Hafen. Da hat es auch einige schmale Pfade das Tal entlang hinunter, außer dem Treppenweg. Ob wir da mal hinunter sollen? Wir fragen den Mann unserer Vermieterin, der an der Straße werkelt (er hat ein Loch + Zementröhre in die Straße gemacht, so dass das Regenwasser nun in seinen Garten statt in seine Rooms umgeleitet wird – sehr sinnvoll!). Er erzählt was von "to monopadi" wäre "ochi ja tis jajades", was ich meinen Begleiterinnen höflichkeitshalber erst mal nicht übersetzen möchte, erst als sie tatsächlich den schmalen Weg hinunter wollen: "der Weg ist nichts für die Omas". Ich grins mir einen: Recht hat er, und die "Giagiades" sehen das dann auch ein. Wird während des Urlaubes ein geflügeltes Wort bei uns werden :-)
So drehen wir nur eine Runde zu der Kapelle und dem Beinhaus am Ortseingang, und noch etwas weiter zur Tankstelle die Straße hinunter. Da sehen wir dann auch 2 Esel, die dort am Straßenrand
grasen, sind wohl die Renommier-Esel von Anafi, die letzten Relikte einer vergangenen Zeit. Von der Tankstelle will ich noch um die Ecke sehen, da hat man einen schönen Blick auf den
Klissidi-Strand und die Apollon-Studios, die aber noch nicht ganz fertig und recht geschlossen aussehen (der Busfahrer sagt uns am nächsten Tag, sie wären schon offen). Blöd wenn man um diese
Jahreszeit dort wohnt – am Strand hat noch keine Taverne geöffnet, muss man immer hinauf in den Ort zum Essen oder Einkaufen.
Wie wir wieder hinauf zur Tankstelle gehen, bleibt ein Auto knapp 100 Meter unterhalb liegen – der Sprit ist alle, zumindest schnappt sich der Fahrer gleich einen Kanister und wandert hinauf zur
Tankstelle. Hat er Pech gehabt, hätte er nicht einen Beifahrer gehabt, hätte es ihm wohl ganz gereicht. Der Beifahrer, ein polyglotter Südafrikaner, Übersetzer aus dem Altgriechischen ins
Italienische, in Paris wohnend und perfekt Deutsch sprechend, hatte uns auf der Fähre angesprochen, weil er nicht genug Bargeld hatte und er auf der Fähre erfahren hatte, dass es auf Anafi keine
Banken oder Bankautomaten gibt, geschweige denn die Möglichkeit, mit einer Kreditkarte etwas zu erreichen. Merkwürdiger Typ... Nun, unmöglich ist in Griechenland nichts, und der Kapitän hat sich
darum gekümmert, dass er an Geld kam und er nicht gleich wieder abreisen muss, aber wie haben ihn auf Anafi dann ansonsten nicht mehr gesehen – gar nicht so leicht auf so einer übersichtlichen
Insel, wo man sich spätestens abends in den Tavernen trifft!
Zum Abendessen sind wir beim "Liotrivi", es ist wieder sehr lecker. Nun haben wir fast alle geöffneten Restaurants durch, nur noch "Alexandra/Anafi" ist übrig, da gehen wir dann morgen hin.
Unseren letzten Tag auf Anafi möchten wir noch ein wenig wandern. Eine einfache Tour geht ins Inselinnere (laut Beschreibung von Dieter Graf: "Santorin, Sifnos, Westliche und Südliche Kykladen").
Der Weg beginnt an der Kapelle im Zuckerbäckerstil, dort rechts entlang, unterhalb des Heliports. Man hat einen schönen Blick auf die Chora (die sich von dieser Seite aber nicht ganz so malerisch
präsentiert wie von der anderen Seite) und bei dem klarem Wetter heute sehen wir am südsüdwestlichen Horizont zwei Inseln liegen – es ist tatsächlich eine Insel mit zwei Gebirgszügen, denn es
kann sich nur um Kreta handeln. Im Westen ist Santorin zum Greifen nahe. Schnell erreichen wir ein paar Häuser, der Weiler von Psathi mit einem sehr gepflegten Wochenendhaus. Die Straße und ein
Eselsweg führen uns Richtung des höchsten Inselberges Vigla (579 m), wir wollen aber nur bis Stavros, einer Kapelle am Fuße des Berges. Wäre ja nur ein Katzensprung hinauf, oder? Aber die Zeit
reicht nicht, wir wollen später noch zum Hafen hinunter wenn die Fähre kommt, dann hat das Ticketbüro offen.
Dennoch reihen sich vor uns die anderen Kykladeninseln auf, von Sikinos, Ios, Iraklia, dahinter Paros, Naxos. Der Vigla versperrt uns den Blick auf Amorgos, schade. In der Kapelle hängt ein Schlüssel, neugierig wie wir sind, schließen wir damit das benachbarten Häuschen mit dem Kreuzkuppelgewölbe auf: es handelt sich tatsächlich um ein Beinhaus, wie wir bereits vermutet hatten. Dass es auf der ganzen Insel verteilt immer wieder "private" Beinhäuser gibt, haben wir noch sonst noch nirgends gesehen.
Wir wandern wieder zurück Richtung Anafi, unter uns liegt ein Bauerhof mit prächtigem Garten und Feldern, erstaunlich grün hier. Ein Mann ruft uns etwas zu was wir nicht verstehen, hoffentlich
ist er nicht sauer weil wir in das Beinhaus geguckt haben. Als wir schon ein gutes Stück weiter sind, kommt seine Frau heraus und ruft uns zu, wir sollen auf einen Kaffee hinunterkommen – sehr
nett, aber wir lehnen dankend ab, müssten wieder den Weg zurück und hinunter zum Hof, das ist uns zu weit. Später, als wir bei Psathi wieder auf der Piste sind, werden sie uns mit dem Auto
überholen, freundlich winkend. Von Psathi müssen wir ein wenig suchen bis wir den alten Weg finden, der unterhalb von dem entlang geht, den wir gekommen sind. Eine Barriere aus Holz versperrt den
Weg, aber wir sind hartnäckig, übersteigen sie, später wieder eine, dazwischen ordentlich Dornen und Gestrüpp. Soll hier niemand durch oder ist sie nur für den Esel gedacht, der am Wegesrand
steht? Egal, zerkratzte Beine gehören zum Wandern in Griechenland dazu! Nach zweieinhalb Stunden sind wir wieder am Ausgangspunkt, der "russischen" Kapelle.
Später gehen wir dann, wie geplant, auf dem Fußweg hinunter zum Hafen. Das Reisebüro ist zu, aber in der Taverne daneben bekommen wir wieder eine griechischen Salat mit Kapernblättern, dazu
Bier und Limo für ein "Radler" – was will man mehr? Der Herr von der Taverne macht dann wenig später das Reisebüro auf und wir können unsere Tickets für den nächsten Tag kaufen, von Anafi nach
Folegandros mit der "Panagia Tinou". Ich erkundige mich ob wir von Folegandros wie geplant Anschluss nach Milos bekommen, er bestätigt das, aber die Fahrkarten dafür gibt es in seinem Büro nicht.
Um 7 Uhr am nächsten Tag wird die Fähre gehen, wir fragen wann der Bus vorher hinunterfährt und bekommen die Auskunft "20 Minuten vorher". Zum Glück fragen wir beim Hinauffahren auch noch den
Busfahrer, denn der Bus fährt schon um 20 Minuten nach 6 Uhr, wir hätten ihn nach der Auskunft der jungen Frau von der Taverne verpasst. Nicht dass der Bus länger als 10 Minuten zum Hafen
braucht, aber die Passagiere benötigen ja auch noch Zeit, ihre Tickets zu kaufen (falls sie die nicht wie wir bereits am Tag vorher geholt haben).
Mit dem Warten auf die "Romilda" kommen doch einige Leute. Die recht betagte „Romilda“ (Baujahr 1974) mit der charakteristischen langen "Schnauze" der in D als Rostlauben verschrieenen
G&A-Ferries steht hier auf Anafi in sehr gutem Ruf, den sie ist neben den kleineren "Arsinoi" und "Panagia Tinou" die einzige große Fähre, die Anafi anfährt. "Good ferry" brummt mir daher ein
wartender Einheimischer zu – die Ansprüche sind eben verschieden. Unter den Wartenden auch ein merkwürdiger Mann, älter, mit langem, weißem Haar, nacktem braungebranntem Oberkörper und einem
speerähnliche Gegenstand in der Hand. Er erinnert uns an einen Indianer mit seinem Outfit, und kommt aus dem deutschen Sprachraum, verabschiedet einen Österreicher, der in der Taverne am
Nachbartisch saß. So wie er aussieht (und riecht), gibt es sie wohl doch noch, die Leute, die am Strand in selbstgebauten "Hütten" wohnen.
Mit dem Bus fahren wir nach Ankunft der "Romilda" wieder hinauf nach Chora. Ich gehe noch ein wenig durch den Ort um zu fotografieren, im sanften Abendlicht präsentiert sich die Chora noch
schöner und man kann auch über die unvermeidlichen Leitungen hinwegsehen. Dann bezahlen wir die Zimmer bei unserer Vermieterin Popi, ich zeige ihr einige Fotografien, die ich aus dem "Anafi Photo Archive" ausgedruckt habe. Sie entstanden zwischen 1935 und 1942, als Anafi Verbannungsort für politische Häftlinge war. Sie erkennt auf
einem der Fotos ihre Großmutter, ihr Interesse ist aber eher mäßig.
Das ausgezeichnete Abendessen nehmen wir im oberen Teil der Taverne "Alexandra" ein. Hier scheinen sich heute die männlichen Einwohner zu treffen, zum Kartenspielen und Fernsehen, ein grässlicher
Martial-Arts-Film läuft, mit Wiederholungen in Zeitlupe, eigentlich nichts für die anwesenden Kinder. Der süffige Weißwein macht uns munter und lässt uns in der Nacht nicht schlafen, vielleicht
ist es auch das Reisefieber oder die Befürchtung, zu verschlafen und den Bus und damit die Fähre zu verpassen, die nachts gegen 1.30 Uhr gekommen ist und unten im Hafen liegt. Wir hören die Hähne
krähen, mitten in der Nacht, und sehen später wie die ersten Sonnenstrahlen die Insel erleuchten.
Pünktlich um 6.15 Uhr sind wir an der Bushaltestelle, auch U. und einige anderen Abreisende sind da. Der nette Busfahrer kommt nur wenig später, wartet nur kurz, dann geht es hinunter zum Hafen. Da wir die Tickets schon haben, werden wir bis vor die Fähre "Panagia Tinou" gefahren und können gleich an Bord gehen.
Inzwischen beleuchtet die aufgehende Sonne die Häuser der Chora, ein interessanter Kontrast zu den dunklen Felsen. Die Silhouette des Kalamos-Felsen verabschiedet uns, als die Fähre fast pünktlich um 7 Uhr losfährt, über Thira, Thirassia, Ios und Sikinos fahren wir nach Folegandros, 6 Stunden Fahrt liegen vor uns. Es wird kurzweilig werden, dank mitfahrender Touristen und einer Sippe mit fahrendem Volk, die Amphoren, Pflanzen und Stühle verkauft.
Was uns an unserem nächsten Ziel Milos erwartet? Wohl nicht die Ruhe und Überschaubarkeit des liebenswerten Anafis....
Im Mai 2007
Ergänzung August 2010:
Neulich fragte mich ein Redakteur des Bauer Verlages, der u.a. die Zeitschriften TINA und BELLA herausgibt, nach Informationen über Anafi für einen Artikel in der BELLA.
Was die Insel so reizvoll macht, welches Hotel man empfehlen kann, welche Taverne besonders gut ist und was es dort Typisches gibt.
Upps, hab ich gedacht, Anafi ist und bleibt eine Insel für Individualisten und nicht für ein Massenpublikum, schwer zu erreichen, klein, überschaubar, herzlich, gastfreundlich, und das hab ich dann auch geschrieben.
Man weiss ja dann nie was draus wird... und dann steht mein Name drunter... war aber ok.
Signomi, zwei kleine Fehler muss ich leider monieren, (die sind aber nicht auf meinem Mist gewachsen): Natürlich liegt Anafi östlich von Santorin, und ob man im "To Steki" Gyros bekommt, weiss ich nicht. Mit Sicherheit ist Gyros aber kein traditionelles Gericht von Anafi. Eher Kichererbsen, Gemüse und Oktopus.