Rund um Milos Teil 1

Und dann geht es los. Nach dem Frühstück bunkert jeder noch 10 Wasserflaschen à 1,5 LItern, wir laden unsere Sachen in den blauen Jeep. Brian und Caryn scheinen Meister in leichtem Gepäck zu sein. Mit dem Proviant sieht meines doch wieder ganz schön umfangreich aus. Unser anderes Gepäck kommt in Rods Garage. Im Kajak-Depot holen wir unsere Kajaks, Schwimmwesten und Spritzdecken ab, und fahren zur Südküste.

Heute ist Ostersontag, und es werden überall Lämmer am Spieß rotieren. Nicht für uns, aber unterwegs kann ich die ersten Vorbereitungen beobachten.

 

Es gibt eine Planänderung: wir werden nicht in Paleochori starten, sondern weiter westlich in Agia Kyriaki. Dann aber zuerst ostwärts fahren, bis Paleochori, eh wir umkehren und die Umpaddelung im Uhrzeigersinn in Angriff nehmen. Auch Rod mit seiner überwiegend dänischen Gruppe wird hier heute unterwegs sein und stellt seinen Anhänger neben uns ab. Er hat Unterstützung von dem jungen griechischen Assistenten Pavlo, der von Milos ist, aber noch eher Paddelanfänger. Ein netter und sportlicher Bursche, der am liebsten mit uns mitkommen würde.

 

Der Wind bläst schon ordentlich, aber in Agia Kyriaki sind wir relativ geschützt. Es ist tatsächlich das erste Mal, dass ich hier eine Kajaktour beginne. Rod zeigt uns die in die Hügel eingebackenen Amphorenreste aus römischer Zeit - damals gab es hier Werkstätten oder Läden.

Dann laden wir unsere Kajaks ab: wir drei bekommen je ein Rainbow (für mich in grün), und Dario fährt das weiße Portofino. Bis wir alles richtig eingestellt und einladen haben, ist die Truppe von Rod schon weg, auch ostwärts. Der Wind ist kühl, wir ziehen gleich die Anoraks an.
Leider ist der zweite Fotoapparat von Rod und Dario defekt und nicht rechtzeitig aus der Reparatur zurückgekommen. So werde dieses Mal nur ich auf dem Wasser fotografieren, mit meiner eher mäßigen, aber wasserdichten Agfaphoto.

 

Es dürfte gegen elf Uhr sein, als wir in See stechen. Und fühlt sich gleich wieder gut an. Caryn und Brian sind auch keine so erfahrene Paddler und haben ihre bisherigen Erfahrungen vor allem auf Seen und Flüssen gemacht. Wir passen ganz gut zusammen, und genießen erst mal die unglaubliche Küstenlandschaft mit heißen Quellen und Schwefelgestank bis Paleochori. Ein Stück geht es noch über den dortigen Strand hinaus, aber dann kehren wir um, zurück nach Agia Kyriaki und weiter. Im Gegenwind wird es sportlicher.

Der Wind kommt hier nicht immer von Norden, sondern bildet gelegentlich Wirbel, die auch mal mehr von Westen kommen. Hinter dem Kap Kalamos haben wir heftig gegen den starken Wind von vorne zu kämpfen. Vor einigen Jahre hatte ich schon mal so starken Gegenwind, an der Ostküste. Aber damals konnte ich umdrehen, da wir sowieso zurück mussten. Das ist jetzt keine Option, wir müssen da durch, hilft nichts. Caryn und ich müssen kämpfen. Wenn man mal die Richtung verliert, wird es für weniger erprobte Kajaker wie uns schwierig, und Dario nimmt Caryn an die lange Leine als sie sich zunehmend schwertut. Ich lege mich ordentlich ins Zeug und kann es für mich gerade noch vermeiden (Dario würde auch zwei schleppen können). Aber ich merke auch, dass es trotz des Gegenwindes ganz gut vorwärts geht. Langsam zwar, aber stetig. Das voll beladenen Kajak ist dabei zwar schwerer zu handeln, liegt aber stabil im Wasser. Das gibt Sicherheit.

 

Am wunderschönen, von Felsen eingerahmten Strand von Gerakas, unterhalb des Firiplaka-Kraters, legen wir erschöpft die erste Pause ein. Weil Ostersonntag ist, und es sehr windig, fahren keine Ausflugsboote und wir sind wirklich alleine hier an der Südküste. Nur ein Segelboot zieht einmal vorbei, in gebührender Entfernung.

Dann geht es weiter. Der Wind bleibt uns ums Kap Zefiros treu, und wir halten Abstand zum Tsigrado-Strand. Wegen des spektakulären Abstieges an einem Seil und durch einen Felsenspalt hat er viele Aufmerksamkeit, als Strand ist er mini und völlig überbewertet.

 

Da ist Fyriplaka doch viel schöner und besser. Aber auch hier geht es nur vorbei. Nach Provatas ist es nicht mehr weit, nur noch um ein Kap herum. Danach wieder Gegenwind, aber mit dem Etappenziel vor Augen ist es leichter. Dario hatte zunächst gedacht, dass wir bis Psathi fahren, aber der Strand dort ist sehr felsig und unbequem. Und der Wind bläst dort wie durch einen Kanal - nicht schön fürs Campieren. So geht es eben nur bis Provatas, was eine erste Tagesetappe von etwa zwölf, 13 Kilometern bedeutet. Nicht so viel, aber für den Anfang, den Wind und Ostersonntag reicht es.

Gegen halb fünf Uhr legen wir am schönen Sandstrand von Provatas an, ziehen die Kajaks weit hinauf. Da der Strand mit dem Auto erreichbar ist, herrscht reges Strandleben. Weniger im Wasser, das ist mit 18, 19 Grad immer noch sehr frisch ist, aber an Land. Dario hatte gleich klargestellt, dass für ihn als Südländer (OK, Cuneo ist eher Berge, aber Sardinien lasse ich gelten) das Meer noch viel zu kalt wäre um Baden zu gehen. Zur Körperpflege wird es in den nächsten Tagen aber doch gelegentlich aufsuchen. Überhaupt sieht es ja immer wie aus dem Ei gepellt aus, und ich will nicht wünschen, dass je mal etwas passiert, das ihm das Lächeln aus dem Gesicht vertreibt. Das wäre etwas wirklich schlimmes.

Da Wildcampen in Griechenland grundsätzlich verboten ist (den Verstoß halten wir in der Vorsaison und mit Zelten für vertretbar), und wir lieber diskret sind, werden wir die Zelte erst später aufbauen.

 

Hinter dem Strand steht eine Reihe Bootshäuschen, sogenannte Syrmata (Singular Syrma). Sie werden als Ferienhäuschen vermietet, aber offenbar nicht heute. Vor einem stehen aber unbenutzte Liegestühle, und ein Tisch und zwei Stühle. Optimal für uns. Bei Caryn macht sich der Jetlag bemerkbar, sie nimmt erst mal eine Mütze Schlaf. Zum Baden ist es mir ebenso zu frisch wie den anderen Strandbesuchern, es bleibt beim Sonnenbad.

Danach erkundige ich den Gegend. Die etwas zurückgesetzte Taverne ist zwar noch nicht geöffnet, aber eine griechische Parea feiert dort das Osterfest. Das Lamm am Spieß über dem Grill ist schon ziemlich abgenagt, Kokoretsi wäre noch da. Die Erwachsenen scheinen der kurzen Nacht und dem langen Tag Tribut zu zollen und machen einen schläfrigen Eindruck. Sogar die Musik ist schon halb eingedöst und nur halblaut, zum Glück. Lange sind sie wohl nicht mehr da.

Wir sind auch hungrig und machen uns ans Kochen. Von den vorherigen Mehrtagestouren bin ich es gewohnt, dass gemeinsam für alle gekocht wird. Das ist hier anders, was vielleicht auch den unterschiedlichen Essensgewohnheiten geschuldet ist. Caryn und Brian haben einen Trangia-Kocher zur Verfügung, und Dario und ich einen zweiten. Da ich keine Erfahrung mit dem Campingkocher habe, übernimmt Dario die heiße Küche, und ich die Vorspeise in Form von Salat. Salz, Pfeffer, Öl und Balsamicocreme hat Dario dabei, ich habe bei Petrinela noch am Morgen ein Quantum Rigani erboten, unverzichtbar für die griechische Küche. Tomaten, Gurke, Zwiebel, Feta, Oliven, Zitronensaft - mehr braucht es nicht. Dario bricht die Linguini unter Sprüchen der Vergebung - schließlich ist er Italiener und das Brechen von Pasta für ihn eine Sünde. Aber der Campingkocher kann darauf keine Rücksicht nehmen, er bleibt zu klein. Dazu ein fertiges Pesto - wir schlemmem unser Zweigangmenu wie ein Ostermahl, verputzen alles. Der Rotwein aus der Plastikflasche dazu ist erstaunlich trinkbar.

 

Vor dem Nachbar-Syrma haben sich einige griechische Männer eingefunden. Zwei von ihnen fragen, ob wir hier campen würden, was Caryn bejaht. Sie würden auch zwei Zelte aufstellen, ob das ein Problem wäre? Nein, es ist Platz genug da.

Weitere Männer verschiedener Altersstufen gesellen sich dazu, es wird in dezenter Lautstärke getrunken und geschwätzt. Der distanzlose Umgang miteinander lässt bei mir irgendwann der Verdacht aufkommen, dass es sich um das Ostersonntagstreffen der schwulen Inselcommunity handelt. Als ich meinen Verdacht den Mitpaddlern mitteile, erschrickt Dario kurz. Er ist ein sehr attraktiver Bursche in den besten Jahre, weltoffen und nicht homophob. Aber auch hetero. Wenn sie irgendwann merken würden, dass wir zu viert drei Zelte hätten, könnte sein Singledasein auffallen, fürchtet er nun. Ich biete ihm im Spaß Schutz in meinem Zelt an. Apropos Zelt - die müssen wir ja noch aufbauen ehe es dunkel wird.

Beim ersten Mal und mit einem fremden Zelt brauche ich Darios Hilfe beim Aufbau, danach klappt es auch alleine. Nominell ein Zweipersonenzelt, aber dann eigentlich nur für Kleinwüchsige, Kinder oder frisch Verliebte.

Wir hatten gedacht, wir können unsere Vorräte und Sachen tiersicher verpackt im Syrma lassen, aber ein Mann kommt und räumt das Mobiliar hinein. Er ist der Verwalter der Miethäuschen und erzählt Dario von einem Mietpreis von 300 Euro pro Nacht pro Bootshäuschen. Die touristische Entwicklung auf Milos ist atemberaubend, und die Preisentwicklung entsprechend. Für die Verlängerungsnacht inklusive Frühstück im gut eingerichteten Zimmer bei Menelai's im touristisch aber mäßig attraktiven Triovasalos bezahle ich Petrinela und Rod inzwischen 70 Euro die Nacht. In der Vorsaison. Mögen das für Briten und Dänen gute Preise sein - meine Schmerzgrenze ist damit erreicht. Es wird wohl leider Zeit, sich von Milos zu verabschieden.

Aber vorher will ich noch mir unbekannte Milos-Küsten erkundigen. Vor allem den Westen kenne ich noch nicht.

Für heute ist uns aber der Stecker gezogen. Müde sind wir früh im Zelt.

 

*

 

Wirklich gut schlafe ich im Zelt nicht. Das wird sich auch in den nächsten Nächten nicht ändern. Aber im Gegensatz zu Brian und Caryn habe ich die Männer nicht gehört, die nachts ihre Zelte neben ihrem aufgebaut haben. Gut, dass meines am weitesten weg stand.

 

Kurz nach Sonnenaufgang die Morgenstimmung und die Ruhe zu genießen, ist auch schön. Der Wind hat auch nachgelassen, zumindest im Moment.

 

Fürs Frühstück nehmen wir heute das erste Syrma, beziehungsweise den Tisch, der davor steht und nciht weggeräumt wurde. Heißes Wasser für Instant-Kaffee, dazu Brot, Ei, Käse und Müsli. Das sich als so süß entpuppt, dass ich es zukünftig nur mit Wasser anmachen werde statt mit frisch gepresstem Orangensaft. Bei Brian und Caryn gibt es morgens schon warme, salzige Küche. Jeder hat seine eigene Frühstücksgewohnheiten. Dario mag Kekse mit Nutella zum Nescafe.

 

Heute haben wir eine viel längere Tagesetappe als gestern vor uns und sind schon kurz nach neun Uhr auf dem Wasser. Von Kleftiko bis Sykia kenne ich die Küste nicht, und bin sehr gespannt. Aber so weit müssen wir erst mal kommen. Dario zeigt uns, wie man ohne Steuerruder, aber mit Paddelschlägen eine schnelle Kurve dreht. Klappt leidlich, aber gerade in Hinblick auf die lange Tagesetappe spare ich mein Kräfte lieber und nutze weiterhin das Ruder. Caryn macht es mir bald nach während Brian ohne Ruder bestens zurecht kommt.

Um das Kap Akrotiri geht es vorbei an Kipos. Die Felsenwände beeindrucken zuerst in Rostrot (ist ja auch Eisen), dann werden sie niedriger und weiß. Vor Psathi kommt diese geniale Labyrinthlandschaft aus Konglomerat, die ich letzten Herbst zu ersten Mal erleben durfte. Unter mehreren Felsenbogen hindurch erreichen wir Psathi, wo wir unseren Müll deponieren wollen. Rod wird von hier aus heute die Tagestour starten und ihn mitnehmen. Und er und seine Kajaker kommen genau an als wir dort vorbeifahren. Dario lädt den Müll ab, und Rod macht ein paar Fotos von uns.

Den folgenden Küstenabschnitt bin ich schon öfters gepaddelt, zuletzt im September, auch mit Dario. Damals hatten wir Zeit für die vielen Höhlen hier, heute müsse wir das etwas straffen. Der erste Eleonorenfalke kreist über uns. Ein Felsenturm a là Monument-Valley erhebt sich an der Küste.

 

Die erste Rast machen wir an einem Kieselsteinstrand, den Caryn Bird's Nest tauft: ein vorgelagerter Felsen sieht aus wie ein sitzender Vogel, und die runden Kiesel sind die Eier. Einige der Steine sind wunderschön, aber ich weiß, dass hier noch Steigerung möglich ist. Brian arrangiert ein Steinpuzzle, während am Horizont Rods Paddler eine bunte Linie bilden ehe sie den Vogelfelsen umrunden und dahinter entschwinden. Mit zeitlichem Abstand tun wir es ihnen nach.

Für eine Höhle ist aber Zeit, die Bucht von Katergo und den Strand von Gerontas passieren wir ohne Halt, dann die verlassene Verladestelle der Puzzolan-Mine bei Xylokeratia.

Die Küste ist nun wieder steil und weiß. Dario lotst uns in eine Höhle, die sich als Tunnel entpuppt und in die östlichen Bucht von Kleftiko mündet. Immer wieder ein wunderschöner Anblick, die hellen vertikalen Wände mit ihren von der Natur gezeichneten Mustern. Heute ist Ostermontag und der Ausflugsverkehr noch sehr verhalten. So liegen nur zwei, drei Boote mit gebührendem Abstand zu den Steilfelsen, ein Schlauchboot fährt seine Passagiere näher heran. Dario zeigt uns den Riss, der einen der freistehenden Felstürme durchzieht: hier wird ein Abbrechen des ganzen Turmes befürchtet. Falls das geschehen sollte, würde ein Abstand von acht oder 15 Metern vermutlich nicht reichen um in Mitleidenschaft gezogen zu werden. Wir sind aber optimistisch: nicht jetzt, und durchkurven die Traumlandschaft ohne die Kajaks zu verlassen.

 

Westlich von Kleftiko beginnt nun auch für mich Neuland. Die Küstenfarbe wechselt von weiß zu schwarz, wir paddeln durch einen herzförmigen Durchbruch, dahinter wartet die Felsenwand mit von der Natur gestalteten "Jahresringen" auf. Dario erzählt gelegentlich etwas dazu, schwer, sich das alles zu merken. Wenn es weniger Wind hat, fotografiere ich jetzt öfters. Die Kamera habe ich in der Brusttasche meiner Schwimmweste, aber das Herausnesteln und Verstauen braucht jeweils Zeit, und beide Hände, so dass ich nicht gleichzeitig paddeln kann und gleich zurückhänge. Weil ich im hellen Sonnenlicht und mit Sonnenbrille im Display kaum etwas erkennen kann, drücke ich meist blind ab. Merke daher auch nicht, dass ein dicker Wasserspritzer nachhaltig die Optik verschleiert. Schade für die Fotos, die die unglaubliche Küste dokumentieren sollen wo mein Worte versagen.

 

Wir erreichen den südwestlichsten Punkt vom Milos am Kap Psalida, und nun hat uns der Nordwind wieder. Dario bietet einen Stopp an einem kleinen Felsenstrand an, aber Caryn und ich sind uns einig, dass wir lieber weiterfahren wollen. Im Nachhinein wäre eine Pause wohl doch gut gewesen, denn der folgende Abschnitt erweist sich im Wind als äußerst zäh, und wir sind nicht mehr sehr frisch. Wir kürzen quer über eine Bucht ab, und als wir den beeindruckenden Küstenabschnitt erreichen, in dem schwarzer Säulenbasalt mit weißem Tuff ein Ying-Yang-Zeichen bildet, weiß ich: gleich ist Sykia erreicht. Sykia, die Höhle mit dem eingestürzten Dach, einer der schönen Orte von Milos. Im Juni 2021 war ich hier mit dem Kajak, ein unvergesslicher Tag. Auch für Dario, denn auf der Rückfahrt gab es Probleme mit dem Auto. Was haben wir gelacht.

Durch das niedrige Tor paddeln wir in das nach oben offenen Rund hinein, legen an dem kleinen Strand an. Wir haben Glück, denn wir sind alleine hier. Strecken uns auf dem groben Sand aus und lassen die vertikalen Wände mit der Himmelsrund darüber auf uns wirken. Wow, immer wieder wow!

 

Nach einer Erholungspause steigt Dario mit den Amerikanern auf dem Fußweg hinauf zum Rand des "Loches". Ich habe das schon gesehen und bleibe unten. Ich bin auch zu müde, meine Wanderstiefel aus der Drybag im Cockpit zu holen und anzuziehen.

Ein Schlauchboot mit zwei, drei Passagieren tuckert durch den Eingang und verbreitet Benzingestank. Die Gäste springen an Land, schließen eine Handvoll Selfies, und sind (zum Glück) so schnell wieder weg wie sie gekommen sind. Instagram-Touristen - die Pest dieser Zeit. Wahrscheinlich haben sie viel Geld für den Kurzbesuch bezahlt. Und was haben sie wirklich gesehen?

Etwas erholt machen wir uns an das letzte Wegstück bis zum Strand von Agios Ioannis. Es ist nicht mehr weit. Mit etwas Abstand von der Küste kann man das große Loch des eingestürzten Sykia-Höhlendaches im hellen Felsen sehen. Auch aus dieser Perspektive eindrucksvoll. So wie die Passage entlang der weißen Steilwand. Trotzdem bin ich froh, als wir die Kajaks an der südlichen von drei Strandbuchten von Agios Ioannis an Land zwischen das angeschwemmte Seegras ziehen, bei einem einsamen Syrma.

Wir tracken unsere Route nicht, aber ich habe später bei Google Earth nachgemessen, dass wir heute 20 bis 22 Kilometer zurückgelegt haben.

 

Am Strand endet auch die (schlechte) Piste vom Kloster, auf der ein Paar mit Auto den Weg gefunden hat. Sie gehen aber bald wieder, und lassen uns alleine. Heute stellen wir gleich die Zelte auf. Dario und ich in der Nähe der Kajaks, Caryn und Brian etwas weiter abseits. Die Tamarisken dienen mir als Wäscheleine der nassen Kajakklamotten.

Aber wieso ist eigentlich die Stofftasche mit meinem Proviant so nass? Das war mir gestern schon aufgefallen. Es steht etwas Wasser in der hinteren Ladeluke, vielleicht ist der Deckel der Luke undicht? Ich zeige das Ganze Dario, der meint, die Abdeckung wäre neu und dicht, aber vielleicht wäre die Trennwand zum Cockpit an den Kanten undicht. Auch deshalb sind alle anderen Sachen sicher in Drybags, wasserdichten Taschen, verstaut. Mit einem Schwamm leeren wir die Kammer, und werden morgen beobachten, ob wirklich irgendwo ein Leck ist. Dann kann Rod mir morgen ein anderes Kajak bringen, wenn wir nahe bei Triovasalos sind.

Ein schneller Sprung ins Meer samt Katzenwäsche. Die Wassertemperatur misst fast zwanzig Grad. Endlich wird es wärmer. Der Wind hat weiter nachgelassen und soll die zwei nächsten Tage fast ganz abflauen. Schön!

 

Zwischen den beiden Buchtenden macht sich am Horizont die Silhouette von Antimilos (gesprochen Adímilos) breit. Aus dieser Perspektive fast symmetrisch halbrund. Diese Insel fasziniert mich, aber mit einer Entfernung von neun Kilometer ab Kap Vani und fast 15 ab Plathiena liegt sie außerhalb meiner Kajak-Reichweite, und Rod bietet auch Tagestouren dorthin an. Dario war mal dort, für ihn ist das natürlich kein Problem. Die unbewohnte Insel ist Naturschutzgebiet, neben der Kykladenviper (auch Milosviper genannt) gibt es dort Wildziegen, Milos-Mauereidechsen, Mittelmeer-Mönchsrobben und eine Brutkolonie der Eleonorenfalken. Die wissen wo es schön ist. Und vielleicht war Antimilos die Insel des Sonnengottes in der Odyssee. Dann wissen wir auch, warum es dort keine Rinder mehr gibt.

 

Das obere Stockwerk des Syrma eignet sich hervorragend als Koch- und Essplatz, und so machen wir uns dort oben breit. Dario wird Reis mit Thunfisch zubereiten, und ich vorher Salat mit Paximadi. Es schmeckt so gut! Dazu genießen wir heute etwas Raki. Und anschließend den Sonnenuntergang über dem Meer. Was geht es uns gut!

 

Schnell noch den Abwasch im Meer bevor es ganz dunkel wird. Für ein Strandfeuer sind wir heute zu erschöpft, und wieder früh im Bett. Oder vielmehr im Zelt. Es gilt so viele Eindrücke zu verdauen. Und Kräfte zu regenerieren. Auch wenn ich wieder schlecht nur mäßig schlafe.

Morgen kommt wieder ein Tag voller Eindrücke.

Route Tag 2
Route Tag 2