Rund um Milos - der Rest

Ein schwerer Himmel drückt heute wolkenschwer auf uns. Oder ist das bevorstehende Ende unserer Tour? Auf alle Fälle hat es keinen nennenswerten Wind als wir nach dem Frühstück und letzten Einpacken unserer Habseligkeiten über ein glattes Meer hinüber nach Milos queren. Dario hatte mir seine Powerbank ausgeliehen und ich konnte Handy und Fotoapparat über Nacht wiederbeleben.

 

Wir steuern das nordöstlichste Ende von Milos an, das Inselchen Pilonisi, das später durch einen Damm mit der Hauptinsel verbunden wurde. Wäre sicher mal einen Besuch von Land aus wert, aber die Gegend südlich von Pollonia, Voudia genannt, steht ganz im Zeichen des Bergbaus und ist daher nicht gut zugänglich: Hier befindet sich die große Bentonit-Aufbereitung und -verladestelle der Imerys, des französischen Konzerns, der den griechischen Vorgänger 2015 übernahm und überall auf Milos allgegenwärtig ist. Wäre mal interessant zu erfahren, wie viele Menschen auf Milos noch unmittelbar im Bergbau arbeiten. Der Insel hat das immer Unabhängigkeit vom Tourismus beschert (was sich in den letzten Jahren durch den Fremdenverkehrsboom dennoch geändert haben dürfte), aber auch eine wenig rücksichtsvolle Ausbeutermentalität, die sich nun auch im Tourismus negativ niederschlägt. Von Initiativen zu mehr Nachhaltigkeit und mehr Landschaftsschutz ist mir auf Milos nichts bekannt (gerne Rückmeldung, wenn jemand davon berichten kann), und Initiativen für den Erhalt und die Bezeichnung von Wanderwegen wie auf der Nachbarinsel Sifnos scheinen hier schwer denkbar.

 

Diese Gedanken gehen mir durch den Kopf als wir an den Silotürmen und unter der Verladungsrampe durchpaddeln. Gerade ist kein Schiff da, aber ich habe hier schon oft Frachter zum Beladen liegen sehen. Vom Land her dringt wie ein Tinnitus das ewige Pipsen der Raupen und Minen-Truck, die auch auf der Betriebsstraße entlang der Küste unablässig unterwegs sind. Dahinter türmen sich die großen Stufen des Tagesbaus auf. Aus anderer Perspektive habe ich bei früheren Aufenthalten die großen Trocknungsflächen gesehen, und die riesige Mine bei Ageria-Agia Irini. Durchaus faszinierend.

Wir halten mehr Abstand zur Küste, nähern uns dieser erst am Kap Kastanas wieder. Rostrote und ockerfarbene Steilwände gehen in weiße mit orangefarbenen Einsprengseln und einer Reihe dunkler Höhlenlöcher über, davor ein weißer Sandstrand: wunderschön. Und von Land kaum zugänglich. Wie schön, dass Milos so viele seiner Attraktivitäten nur Bootsfahrern darbietet. Und wie privilegiert dürfen wir uns fühlen, das erleben zu dürfen. Das Meer hat nun eine dicke, eisfarbene Tönung angenommen, die auf das Schönste mit den warmen Farben der Gestade kontrastiert. Und die weißen Brocken am Ufer sehen aus wie Eisberge.

 

Vereinzelte Ziegen bewegen sich in den dunkelgrünen Macchiabuschinseln der Horizontalen. Möwen fliegen über uns, und eine Gruppe von vier ibisartigen Vögeln sieht sich durch uns zum Auffliegen veranlasst. Die Schwere des Himmels und die Abwesenheit anderer Menschen wirkt isolierend, wir fühlen uns in einer Art melancholischen Märchenwelt.

 

Unseren ersten Halt legen wir am Strand von Kastanas ein. Noch so ein geiler Strand (sorry, für die Wortwahl, aber das trifft es einfach). Grauweiße knubbelige Kiesel vorne, die Wände aber mit feingeäderten Felsenkunstwerke der natürlichen Art in Bordeauxrot, Rost und Ocker verziert. Etwas weiter abgestürzte graugelbe Felsenklötze, die Bruchstellen offerieren sandgelbe Gebisse. Brian legt einen Regenbogen aus Steinen, passend zu seinem Rainbow-Kajak.

Die Nachbarinseln sind heute nur hellgraue Schemata. Nicht mal ein Fähre stört die Stille.

Der nächste Küstenabschnitt überrascht mit einer verfallenden Boothaussiedlung. Ich wusste nicht, dass es Syrmata auch an der Ostküste gibt. Agia Varvara heißt die Stelle, und es gibt eine sich hinab schlängelnde Piste im Hinterland, wie ich später überrascht auf Google Earth sehen. Sicher alles nicht mietwagentauglich, und ziemlich labyrinthisch. Vor zwei Jahren war ich mit Günter hier in der Gegend unterwegs, auf der Suche nach der Mühlsteinmine. Fündig geworden sind wir damals nicht. Warum, werde ich heute noch erfahren.

 

Bei Angali passieren wir das "Milos Cove Inception Resort", das von seiner Felsenterrasse zu uns hinablugt. Es soll laut Dario das teuerste Hotel auf Milos sein. Da es so weit abseits liegt, ist man dort sicher sehr ungestört. Ob die Zufahrtsstraße befestigt ist? Oder kommen die Gäste eh mit dem Heli? Auf alle Fälle gibt es ein Piste zum Strand von Angali, wo Sonnenliegen und ein Dutzend Schirme auf Gäste harren. Zu sehen ist aber niemand, die Ostküste bleibt in Einsamkeit getaucht. Ist auch kein Wetter zum Sonnenbaden heute, und das Meer hat die 20-Grad-Marke immer noch nicht erreicht

Wir freuen uns weiter an den bunten Steilwänden, mal von einer Höhle, mal mit einem Felsenriss unterbrochen. Dann kommt ein Taleinschnitt in Sicht, der an einem weiten Sandstrand endet. Hier gehen wir für den Lunch an Land.

 

Es ist der Strand von Paliorema, nur eine Bucht nördlich des bekannten Strandes an den verlassenen Schwefelminen gelegen. Schwefel und Minen gibt es allerdings überall hier an der Südostküste, das macht die Namen in ihrer Vielsprachigkeit variantenreich und die Unterscheidung schwierig: thiafes/θειáφες , thiorichya, rema, sulfure mines, Paliorema. Zu den verlassenen Minengebäuden im südlichen Nachbartal gibt es aber eine Piste, während Paliórema (alter Strom, Flussbett) nur auf einer miserablen Schotterpiste mit Allrad oder zu Fuß oder mit dem Boot zu erreichen ist. Was auch in der Saison Einsamkeit garantieren dürfte. Rod pausiert mit den Tagestouren hier zum Lunch wenn das Nachbartal zu gut besucht ist.

 

Ein einsames Bootshaus und ein paar Tamarisken bringen etwas Schatten, aber wir haben vor dem Lunch anderes vor, und ich ziehe meine Wanderstiefel an: Dario wird uns in die Stollen der Mühlsteinmine führen, die etwas zurückgesetzt münden. Was ich nämlich nicht wusste, und auch im Mining Museum nicht erwähnt wird: der Abbau der Mühlsteine erfolgte hier und unterirdisch! Sie bestehen aus Trachyt, einem harten, aber körnigen vulkanischen Gestein. Und offenbar gibt es das nicht an der Oberfläche.

Noch die Stirnlampe eingepackt, und los geht's. Nur wenige Meter ins Tal hinein, vorbei an einem Gebäuderest, dann steht linker Hand eine rostige Winde, von der zugewachsene schmale Gleise in eine feigenbaumüberwucherte Tunnelöffnung führen. Wir klettern von oberhalb hinab, und ich bin froh, meine Wanderstiefel zu tragen. Mit Flipflops oder Wandersandalen würde ich hier nicht riskieren, meine Beine zu brechen oder mich anderweitig zu verletzen.

Der Feigenbaum erweist sich als gute Kletterhilfe. Nun die Lampen an, und wir folgen Dario entlang der dünnen Metallschienen ins Innere. Der Boden ist mal glatt, mal uneben und mit Steinbrocken übersät, der Gang solide. Nach einigen Metern erreichen wir eine Gabelung, an der eine metallenen Lore steht. Mit Hilfe der Winde wurden auf der Lore die Steine und der Abraum aus den Stollen befördert. Dario schlägt ein besonderes Foto vor, und Caryn und Brian klettern in der gekippte Lore, die Dario dann senkrecht stellt. Ich muss das nicht haben und konzentriere mich auf meine Aufgabe als Fotografin. Aber da ist wieder dieses Indiana-Jones-Gefühl, auch wenn das Gefährt nun nicht mit Karacho durch die mit Holzbalken abgestützten Gänge saust, sondern fest verwurzelt steht wie vor Jahrzehnten verlassen. Von der Antike bis ins 20. Jahrhundert hinein wurden hier die Mühlsteinen abgebaut und auch exportiert.

 

Wir steigen nun einen steilen Gang hinab. Obacht auf die Köpfe! Unten erreichen wir ein größeren Raum voller großer Steinbrocken. Auf einem liegt ein Korbrest, auf einem anderen metallene Werkzeuge, über deren Verwendung wir uns nicht im klaren werden. Wir werden mal Rod fragen (was wir dann später leider vergessen). Auch eine Schachtel mit griechischer Inschrift ΥΠΕΡ ΑΜΜΩΝΑΛ und heiligem Georg auf dem Etikett liegt noch herum: sie enthielt offenbar Sprengmaterial mit Herkunft aus Lavrio in Attika, auch ein Minengebiet. Vielleicht Zünder?

 

Es bleiben viel Fragen offen, als wir einen anderen Gang hinaufklettern und wieder bei der Lore landen. Irgendwo schramme ich mir noch das Schienbein auf. Mein Bedarf an Ausflügen in die Unterwelt ist gedeckt, und ich bin froh als ich wieder draußen bin. Ein letzter Klettergriff am Feigenbaum, und ich stehe am Weg. Vergesse glatt, die Stirnlampe auszuschalten bis die geblendeten Mitreisenden mich darauf hinweisen.

Das war wirklich einen sehr interessante Expedition. Danke Dario! Überhaupt macht sich unser Guide hervorragend bei seiner ersten in eigener Verantwortung geführten Mehrtagestour. Er ist ein anderer Typ als Jeremy von meiner ersten Tour um Poliegos und Kimolos, oder Manolis von den kleinen Kykladen letztes Jahr. Alle drei megasympathische junge Männer mit einem ausgeprägten Bedürfnis, ihren Gästen die Naturschönheiten der Kykladen und das Kajaken von den besten Seiten zu zeigen. Was bei allen bestens funktioniert hat. Wie schön, dass es unter Kajakern keine Ar...löcher zu geben scheint.

 

Wir vespern dann auf der Terrasse beim Bootshaus. Noch eine Dose Thunfisch mit Krümelbrot und Oliven, ein Sesamriegel und Nüsse. Natürlich bleiben am Ende der Expedition noch Reis, Pasta, Pesto und Paximadi übrig. Dario wird sie brauchen können, ich auf Naxos und Tinos sicher nicht.

 

Nur ein kurze Sprung in die Nachbarbucht, zu alten Schwefelmine. Aufpassen beim Einsteigen und Landen, letztes Jahr bin ich hier mit Rod im Doppel gekentert, und die Wellen sind auch heute nicht ganz ohne. Im Einer klappt es aber pannenfrei.

 

Dario führt die Amerikaner durch die ruinösen Gebäude der verlassenen Schwefelminen. Da ich schon öfters hier war und schon einige Führungen genossen habe, verzichte ich und bleibe unten an der Brücke zum Fotografieren. Ist nicht optimales Fotowetter, aber die spezielle Stimmung hat auch was.

Wir waren alleine hier bis ein Paar die Piste herunterkam. Der Mann guckt sich interessiert um, die Frau steht unten jenseits der Brücke und guckt in ihr Smartphone. Ich bin etwas ungehalten, denn sie steht mir im Motiv. Na, sicher wird sie sich auch mal umgucken und umhergehen. Aber mitnichten. Sie bleibt stehen, hat keinen Blick für die einmalige Umgebung. Muss sich etwas spannendes auf dem Display abspielen. Ich warte, zunehmend erbost über die tumbe Torheit dieser Person. Mach ich eben einen Schlenker vor zum südlichen Ende der Bucht, bewundere das Farbspiel von roten Felsen und graublauem Meer. Gucke in Ruinen, über verstreute Eisenteile und gelbe Büschel kleinblütigen Ginster. Starre in einen Schacht im Boden, mit Radachsen luftig abgedeckt. Wieder zurück zur Brücke. Die Frau steht da immer noch. Ok, dann halt das Bild mit ihr, hilft ja nix.

 

Noch etwas hinüber zur den Schwefelverarbeitungsgebäuden mit den Silos. Dann kommen Dario, Caryn und Brian zurück. Noch eine kurze Pause, und wir legen ab zu letzten Etappe. Wobei das mit dem Ablegen nicht so einfach ist, da das Wasser hier schnell tief wird und die Wellen die Kajaks schnell füllen wenn man regulär einsteigt. Wir sitzen also am Strand schon ins Kajak, Heck voraus, Spritzdecke geschlossen. Dario schiebt uns dann einen nach dem anderen ins Wasser, wo wir warten bis auch er im Wasser ist, sich mit den Händen im Kajak sitzend ins Wasser schiebend. Dann muss ich das Skeg unten aus seinem Kajak ziehen, das sich verklemmt hat. Etwas fummelig, aber geht dann.

Eine Stunde fahren wir nun um die Südostecke von Milos. Es hat wieder ordentlich Wellen zum Abschluss, aber wir sind ja inzwischen trainiert. Wir passieren Fyrligos und Spathi, hinter dem Kap Spathi wird der Himmel heller. Und gegen drei Uhr nachmittags schleichen wir entlang des Strandes von Paleochori, genießen die letzten Meter. Nahe der Taverne Sirocco betreten wir Land und schließen unsere Runde um Milos. Geschafft! Glücklich und zufrieden, aber auch etwas wehmütig.

 

Eigentlich könnte es noch einen, zwei Tage weitergehen, denke ich. Aber das Wetter wird schlechter werden, insofern hat alles gepasst. Die heutige Etappe war wieder kürzer, nur 16, 17 Kilometer, was sich insgesamt auf 95 bis hundert Kilometer addiert. Nicht schlecht. Und ich fühle, dass ich wieder an Erfahrung und Sicherheit dazugewonnen habe. Schade nur, dass das Meer zu kalt war für Rettungs- und Einstiegsübungen. Irgendwann möchte ich schon mal die Kenterrolle probieren.

 

Gemütlich laden wir unsere Kajaks aus während Dario Jeep und Anhänger holt, die von Rod und Pavlos irgendwo abgestellt wurden. Das dauert nicht lange. Wir sortieren Spritzdecken, Paddel, Schwimmwesten in Kisten, packen dann unsere Habseligkeiten darauf, waschen schließlich die Kajaks im Meer ab und laden sie auf den Anhänger.

Auf dem Land fühlen wir uns plötzlich schwer und müde, als wird nach Triovasalos zurückfahren.

 

Wir halten im Depot, hängen den Trailer ab, laden aus und waschen Anoraks, Spritzdecken und Schwimmwesten. Irgendwann schlagen wir dann im Kafenio Perros auf. Zelte, Matten und Drybags kommen in Rods Garage, dafür bekommen wir unsere Gepäckstücke zurück.

Wir beziehen Zimmer bei Pepi's im oberen Stockwerk (viel schöner und heller als im Erdgeschoss). Ich für zwei Nächte, Brian und Caryn nur für ein paar Stunden. Die Beiden haben ihren Zeitplan sehr straff gelegt und wollen direkt zum Wandern nach Kreta weiter. Dabei haben sie übersehen, dass die Fähre von Minoan Lines nicht mittags um halb zwei nach Iraklio fährt, sondern nachts. Heute Nacht. Dario und ich werden sie am Abend hinab nach Adamas bringen. Vorher wollen wir uns Pizza liefern lassen und im Kafenio essen. Wir verabreden uns für 19 Uhr, schleppen dann unsere Sachen ins Quartier. Caryn und Brain mit ihrem Leichtgepäck haben dabei noch Kapazitäten frei, mir zu helfen. Danke!

 

Selten war eine Dusche schöner. Nachdem ich den Sand aus Tüten und Taschen gleichmäßig in meinem Zimmer verteilt und überall darüber feuchte oder nasse Klamotten deponiert habe, ist kein Platz mehr für mich im Zimmer. Gut, dass es eine nette Dachterrasse gibt, von der aus man sogar einen schönen Blick zu den Windmühlen von Tripiti hat. Ich genieße einen Kaffee dort und lasse die vergangenen Tage Revue passieren. Genial war es. Schade nur, dass ich mit Milos jetzt irgendwie fertig bin. Morgen habe ich noch einen Tag hier.

 

In zivilem Outfit - immer lustig, die Verwandlungen - treffen wir uns um 19 Uhr im Kafenio. Wo Petrinela erklärt, dass die Pizzeria - es scheint nur eine zu geben, "Stasi" in Tripiti - wegen Personalmangels gerade keinen Lieferservice hat. Das nahe Bakalikon Galanis hat heute auch zu. Dann werden wir eben nach Mandrakia ins "Medusa" fahren. Die Sachen von Brian und Caryn nehmen wir gleich mit, schnell springen die Beiden ins Quartier und holen sie. Sind die gut organisiert!

 

Im Mandrakia stehen viele Leute an der kleinen Kapelle. Offenbar ein Gottesdienst dort. Ja klar, die Kapelle ist der Panagia Zoodochou Pigis geweiht, und das feiert man am Freitag nach Ostern. Das ist zwar erst morgen, aber man beginnt man ja oft schon am Vorabend.

Von der Terrasse des "Medusa" hat man einen schönen Blick über die Küste in Abendstimmung und hinüber nach Kimolos. Dahinter lugt Sifnos hervor. Die Küche ist auf Meerestiere spezialisiert und gehoben. Ich entscheide mich für einen Schwertfischspieß, dazu Wein für uns alle. Natürlich laden wir Dario ein, wodurch auf mich ein Anteil von 35 Euro entfällt. Wir bekommen noch ein Karaffe Wein aufs Haus, und ich gebe in Spendierlaune zu viel Trinkgeld.

 

Weil wir alle sehr müde sind, bringen wir Brian und Caryn schon gegen zehn Uhr hinab zum Hafen. Bis halb zwei dürften noch einige Tavernen, Cafés und Bars geöffnet sein, wenn sie nicht den Wartebereich oder den nahen Langada-Strand vorziehen. Kalo taxidi ihr Beiden, es war ein Vergnügen, euch getroffen und mit euch gepaddelt zu sein! Und viel Spaß auf Kreta und danach auf dem Balkan beim Biken!

 

*

 

In der Nacht hat es etwas geregnet, und der Freitag ist windig und wolkig. Es gibt keine Paddeltour heute. Beim Frühstück im Kafenion überreden die Däninnen Dario zu einem Saxophon-Konzert im antiken Theater am Abend. Da bin ich gerne mit dabei.

 

Vorher werde ich meine obligatorische Wanderung nach Adamas absolvieren, um dort mein Fährticket für morgen zu kaufen. Gegen zehn und gehe ich los, zuerst hinauf nach Plaka. "Mein Haus" unterhalb der Panagia Thalassitra scheint sich seit Herbst nicht geändert zu haben, nur das Scharnier des Gartentörchen ist inzwischen defekt. Durch Plaka und Tripiti hindurch - das "Ergina" hat offenbar immer noch nicht geöffnet - gehe ich zügig auf der Piste gen Adamas, genieße unterwegs den Blick auf den kleinen Profitis Ilias während der große in Wolken hängt. Später die schöne Aussicht auf das Kap Vani. Antimilos nur als leichter Schatten dahinter.

Gegen Mittag bin ich in Adamas, gleich geht's in das erste Reisebüro hinein. Wo man mir kein Ticket für die "Artemis" morgen verkaufen möchte: es wäre noch unklar, wann sie heute Nacht ankommen würde, und ob sie morgen überhaupt unterwegs wäre. Ich solle in zwei Stunden wieder kommen, oder anrufen. Oha - damit habe ich ja gar nicht gerechnet. Hatte extra meinen Aufenthalt auf Milos verlängert weil ich nicht den grässlichen und teuren Superjet heute nehmen wollte, sondern die gemütliche "Artemis". Was sich jetzt als Bumerang erweisen könnte, denn wenn die "Artemis" nicht fährt, fährt der kleine Jet dreimal nicht. Aber gut, erst mal abwarten.

 

Und so lange das Milos Mining Museum besuchen. Der Eintritt kostet inzwischen sieben Euro (2017 waren es noch vier, alles wird teurer). Ich habe Pech, denn kaum bin ich im Museum, fluten Gruppen vom vor Anker liegenden Kreuzfahrtschiff "Celestyal Journey" samt Führerin die Räume, so dass ich kaum an die Vitrinen komme. Aber gut, für den kurzen Abschnitt über den Mühlsteinabbau auf Milos haben sie keinen Blick, und auch sonst sind sie recht schnell wieder weg. Ich versuche zum wiederholen Mal, mit die Unterschiede der Verwendung von Baryth, Bentonit, Puzzolan und Perlit und deren lokale Vorkommen zu merken, unterfüttert durch die Erlebnisse der letzten Tage

 

Bei "Yankos" bestelle ich mir dann einen Souvlaki-Teller. 14 Euro sind eigentlich viel dafür, denke ich beim Bestellen, aber die große Portion mit drei Spießchen, Pommes, Pitta-Brot und Tsatsiki rechtfertig den Preis. Bei dem trüben Wetter und wegen der Kreuzfahrer heute ist viel los in Adamas, wo mir auffällt, dass das Segelschiff "Eleni", mit dem ich 2017 die Ausflugstour um Milos absolviert hatte, auch nach einer Woche immer noch an seinem Liegenplatz ganz zu Anfang der Promenade fehlt.

 

Im Ticketbüro verkauft man mir nun doch bereitwillig ein Ticket für die "Artemis" morgen. Glück gehabt!

16 Euro kostet die fünfstündige Überfahrt, ein unschlagbares Preis-Leistungsverhältnis. Dass ich noch eine Bonusstunde dazu bekommen werde, ahne ich da noch nicht. Nachteil der Tour: sie beginnt um 7 Uhr morgens. Gut, dass um halb sieben schon ein Bus hinab fährt, das spart das ständig teurer werdende Taxi. Zuerst fährt aber um 15 Uhr ein Bus mit mir hinauf nach Triovasalos, wo ich mir einen faulen Restnachmittag gönne, ehe ich beginne zu packen.

Später gehe ich hinüber ins Kafenio und bezahle Zimmer und Tour. Verabschiede mich von Rod und Petrinela, denn fürs Frühstück bleibt morgen keine Zeit.

 

Im "Sternaki" am Karodromos esse ich gefüllte Zucchini zu Abend, und einen Tsipouro dazu. So gestärkt breche ich nach Tripiti auf, drehe eine Schleife an den Windmühlen vorbei. Die Sonne hängt tief in den westlichen Wolken. Kap Vani schiebt seine Umrisse hinein. Dort sind wir herumgepaddelt. Toll!

Auf der Straße hinab zu den Katakomben kommt mir eine Hochzeitsgesellschaft entgegen. Franzosen. Die Hochzeit fand in der Kapelle der Panagia Faneromeni statt, wo nun die letzten Dekorationen weggeräumt werden, während das Essen im "Methismeni Politia" eingenommen wird. Milos als Hochzeitslocation? Was Santorin kann, kann Milos auch.

 

Der kleine Profitis Ilias grüßt von der Seite. Dieses Mal hatte ich keinen Zeit für einen Besuch des Lieblingshügels. Der Wind pfeift über die abgeernteten Flächen, bürstet die spärlichen Büsche. Im römischen Theater sitzt man aber geschützt. Dario und die Däninnen sind schon da.

 

Darios formidables Saxophon-Konzert dauert über eine Stunde und bildet nun den Abschluss einer tollen Milos-Woche.

Danke Dario für diese unvergesslichen Tage! Bitte bleib wie du bist! Als Guide, Kajaker, Helfer, Coach, Koch, Saxophonspieler, immer gut gelaunter und geduldiger Paddelgefährte, und Mensch!

 

*

 

Der Bus ist pünktlich. Kurz nach halb sieben nimmt er mich mit hinab nach Adamas. Die Sonne geht erst auf, als ich die "Artemis" betrete. Nur wenige Fahrgäste wollen heute mit ihr reisen. Pünktlich legt sie um sieben Uhr ab, zieht träge an Schinopi, Klima, Plaka, Areti, Fourkovouni und den Bärenfelsen vorbei. Bis wir plötzlich auf Höhe der Akradies-Felsen im Wind stehen. Der Horizont beginnt zu schwanken, das Deck wird nass und schlüpfrig. Ich bleibe draußen bis wir hinter Kimolos sind. Will jeden Blick auf die heute windumtosten Küsten in mich aufnehmen.

Rund um Milos - das See-Abenteuer. Nun geht es weiter an Land, jenseits von Milos.

Aber nicht so schnell. Nur kurz hält die "Artemis" in Psathi auf Kimolos. Eine Handvoll Passagiere mit Fahrzeugen geht an Bord, ein vollbeladener Transporter und zwei Kleinbusse von VoyagerHellas fahren vom Schiff. Für eine Feier? Die Pantoffel-Fähre wird heute sicher nicht verkehren, so wenig wie die Seajets.

 

Die Fähre kämpft nun auf der Route nach Folegandros gegen die Wellen. Eine Durchsage bittet die Passagiere ins Innere, wo der Steward im Salon Kotztüten austeilt. Zum Glück brauche ich sie nicht. Ob ich es wagen kann, etwas zu essen?

 

In Folegandros haben wir eine Dreiviertelstunde Verspätung, in Sikinos schon fast eine Stunde. Dabei bleibt es auch in Ios. Viele Fahrgäste sind notgedrungen von den Seajets auf die "Artemis" umgestiegen, müssen nun Umwege in Kauf nehmen. Seid froh!

Zwanzig nach zwei, mit fünf Viertelstunden Verspätung, fahren wir in den Hafen von Naxos ein.