Wir unternehmen nicht viel an unserem letzten Urlaubstag. Es ist trocken, aber immer noch sehr windig, und auch frisch. Also noch ein erneuter ausgiebiger Stadtbummel durch das Kastro und das Bourgos-Viertel. Ein paar Mitbringsel brauchen wir noch, und dafür ist der Laden mit den Naxos-Produkten an der Paralia gut geeignet (wenn die schönen Bildbände im Buchladen nebenan wieder zu schwer sind). Beeindruckend (aber nur bedingt appetitanregend), wie hier an der Fleischereitheke eine Rinderzunge präsentiert wird – nur echt mit dem Unterkiefer samt Zähnen dran…
Inzwischen trauen sich auch schon wieder die ersten Segelboote aus der Marina, aber die unbedachten Stühle der Cafés am Paraliaende bleiben leer. An fehlenden Touristen kann es nicht liegen – die Blue Star hat schon wieder eine Menge ausgespukt, und auch der Masterjet bringt Nachschub, der auf manchen kleineren Inseln um diese Jahreszeit locker für vier Wochen reichen würde. Die obligatorischen Zimmervermieter sind auch da, eigentlich sind es immer die gleichen.
Ich gucke mir noch etwas die Brandung am Grotta-Strand an – war gestern heftiger, aber sieht immer noch gut aus. Das da ein Mann aus dem Auto oben an der Uferböschung angelt, fällt mir nicht gleich auf. Beißen die Fischen bei so starken Wellen? Oder suchen sie einen Halt am Haken?
Später geht es – nach einem Einkehrschwung mit Salat und Käse-Tomaten-Omelett im „Scirocco“ – zum Agios-Giorgos-Strand, wo sich die Badegäste aber vor allem im Windschatten der Sonnenschirme vor Flugsand schützen. Unser Versuch, uns auf einem Tuch etwas auf dem Strand langzulegen endet mit Sand im Ohr, auf der Kopfhaut und in den Augen. Wir fliehen weiter nach Süden und finden ein unbequemes, aber halbwegs windgeschütztes Plätzchen in den Dünen an dem kurzen Kap mit dem komischen Häuschen drauf. In der Bucht südlich von uns wimmelt es von glücklichen Windsurfern in ihrem Element. Unglaublich, wie die dahin flitzen, fast bis Paros rüber! Merkt das eigentlich jemand falls da einer vom Winde verweht wird? Und wenn ja, wann?
Zurück an der Paralia kaufen wir unsere Tickets für morgen und gönnen wir uns anschließend noch einen Elleniko mit Blue-Star- und Highspeed-Blick ehe wir uns auf unserem Zimmer ans Kofferpacken machen.
Zum Abendessen sind wir dann bei „Irini“ an der Paralia in der Nähe des Anlegers. Wegen des späten Mittagessens essen wir nur eine Kleinigkeit – Naxos-Kartoffeln mit Käse, Kichererbsensalat, sehr lecker. Aufs Haus gibt es trotzdem noch einen Kitron, Wassermelone und Kuchen. Jetzt brauchen wir einen Schnaps!
Den bekommen wir in der lauschigen Bar „Naxos Cafe“.
Ja, Naxos ist schon nicht schlecht. Trotzdem: wenn ich wiederkomme, dann suche ich mir ein Quartier in einem der Inseldörfer.
*
Am Dienstag um 9.30 Uhr geht unsere Fähre nach Piräus. Wir frühstücken heute nicht im Hotel „Anixis“, sondern kaufen uns etwas Proviant bei „Grigoris“. Dann warten wir auf die Fähre, mit leichter Beunruhigung, denn allzuviel Verspätung sollten wir in Piräus nicht haben. Unser Flug geht um 19.15 Uhr, die Fähre kommt offiziell um 15 Uhr an.
Noch keine Blue Star in Sicht. Dafür kommt das Ausflugsschiff „Naxos Star“ angeschaukelt. Wirklich geschaukelt – wo kommt die denn so früh her? Und wer möchte bei dem Seegang einen Ausflug machen?
Wir sind erleichtert, als gegen kurz nach neun Uhr die „Blue Star Naxos“ rechts um die Ecke biegt, von Astypalea, Egiali und Donoussa kommend. Bis sie angelegt hat und wir an Bord dürfen, dauert es etwas. Das Gepäck wollen wir zwecks größerer Bewegungsfreiheit unten in der Gepäckaufbewahrung lassen, die Metallregale sind aber schon voll, also davor. Der zuständige Bordangestellte versucht verzweifelt und nur halbwegs wirkungsvoll zu verhindern, dass die Stellplätze für die Autos mit Gepäck zugestellt werden. Auf Paros hat er aber schon kapituliert, wie wir später sehen werden.
Mit ein paar Minuten Verspätung legt die Fähre ab und wir verabschieden uns von Naxos. Auch bei der Abreise wieder eindrucksvoll, die Stadtansicht.
Die etwas windgeschützten Deckplätze sind rar, wir finden noch einen kleinen Tisch am Heck mit mäßiger Aussicht und im Schatten, von den „Vorbesitzern“ dem Müll nach gerade verlassen. Zwei Nescafé zum vorgeschriebenen Maximalpreis ergänzen unser Frühstück, dann harren wir der Wellen, die da kommen mögen. Die halten sich auf dem großen Schiff glücklicherweise sehr im Rahmen.
Bis Paros bleiben wir am Heck, dann finden wir einen besseren Platz am Bug, wo wir nur durch eine Kunststoffscheibe von außen getrennt sitzen und etwas Sonne genießen können. In Paros stehen wieder zahlreiche Ape-Dreiräder für Kleintransporte am Hafen, ein Halvadopitta-Verkäufer hetzt an Bord noch bevor die Klappe richtig unten ist. Bis zu uns aufs Deck schafft er es nicht.
Das Schiff wird jetzt richtig voll. So was habe ich in der Nachsaison noch nie erlebt - wir haben immerhin den 30. September, und Dienstag. Ob die alle gewartet haben bis das Meer sich wieder halbwegs fährverträglich benimmt? Die wenigsten Urlauber können darauf doch wirklich Rücksicht nehmen….
Auf alle Fälle sind jetzt fast alle Plätze auf Deck belegt, und auch unter Deck sieht es nicht besser aus. Ohne weiteren Halt steuern wir Kurs Nordwest, zwischen Kithnos und Serifos durch. Gelegentliche Wellen schlagen hoch am Schiffsbug und gegen die Kunststoffscheibe hinter uns. Die Fahrt zieht sich…. Da ist Kap Sounion, weiter nun nach Norden, strahlende Sonne, die Küste nah. Es ist schon zehn drei als wir die Einfahrt nach Piräus passieren, und dauert eine weitere Viertelstunde ehe die Fähre anlegt.
Da sind wir aber noch lange nicht runter vom Schiff….
Hindernis eins: erst mal nach unten zu kommen wenn tausend und mehr Leute das auch wollen und die steilen Treppen entsprechend verstopft sind. Unten dann Hindernis zwei: wie zum Gepäck kommen, das sich irgendwo ganz hinten inmitten einer großen Fläche mit Gepäckstücken befindet. Während von der Seite schon die Autofahrer drängen, die an den zahlreichen Koffersuchern nicht vorbeikommen. Griechisches Chaos eben, und die Auflösung dauert. Zum Glück sind kann ich unsere Trolleys weit links ausmachen, und so komme ich doch schnell dran. Wer sein Gepäck aber auf Astypalea oder Amorgos ganz hinten an der Wand verstaut hat, der muss jetzt warten bis sich der Menschen-Gepäck-Pulk auflöst. Ohne dabei von den drängelnden Autofahrern überrollt zu werden.
Schnell zur Bushaltestelle, wo aber auch schon einige Menschen warten. Und der Bus ist ziemlich voll als er endlich kommt. Wir kriegen noch einen Stehplatz, unsere Trolleys irgendwo auf und zwischen die anderen gestapelt. Los die Fahrt, haltsuchend und unbequem. Es steigt natürlich auch niemand aus, im Gegenteil: gnadenlos drücken zusteigende Passgiere einem Hartschalenkoffer und X-size-Rucksäcke gegen Schienbeine und ins Gesicht. Die Schlaglöcher und die Fahrtdauer (75 Minuten) tun das Ihrige: nächstes Mal nehmen wir ein Taxi wenn so viele Leute unterwegs sind.
Es ist halb sechs als wir gebeutelt am Flughafen ankommen.
Wir fliegen mit Aegean Airlines nach Thessaloniki und von dort mit AirBerlin weiter nach Stuttgart. Am Aegean-Schalter ist wenig los, wir können uns Gepäck gleich aufgeben (eingecheckt hatte ich bereits online), es wird durchgecheckt bis Stuttgart.
Der Flug nach Thessaloniki ist echt schön – wir sitzen auf der linken Seite und haben so noch Aussichten auf den Pilion und den Olymp, die sich in Licht der untergehenden Sonne eindrucksvoll präsentieren. Und so sehr ich den Flughafen in Athen schätze, so sehr missfällt mit das enge Terminal in Thessaloniki. Es gibt keinen Transitbereich, wir müssen also erneut durch die Personen- und Handgepäckkontrolle, reihen uns in die endlose Touristenschlange an. Der Duty-Free-Bereich ist nicht wirklich preiswert, aber wir haben auch nicht mehr viel Zeit, unser Flugzeug wird schon zum Boarding aufgerufen. Die Aegean-Airlines-AirBerlin-Varinate war einen Versuch wert, das Fazit fällt aber höchstens befriedigend aus. Zukünftig doch lieber wieder Aegean pur, auch wenn man dann mitten in der Nacht in Athen ankommt.
In Stuttgart angekommen müssen wir über eine halbe Stunde auf unser Gepäck warten. Also ich schon befürchte, dass es in Griechenland geblieben ist, kommt es glücklicherweise doch noch. Und die S-Bahn ist gerade weg. Eine halbe Stunde warten auf die nächste, und beim Umsteigen in Rohr kommt dann die leider VVS-notorischen Anzeige: Zugausfälle wegen Signalstörung. Es ist schon Mitternacht vorbei, als unsere S-Bahn uns in den Heimatort bringt, sie ist voll mit müden (immerhin) Trachten- und Dirndlträgern vom Wasen. Die uns dann auch am Ziel die letzten Taxis wegschnappen. Also Fußmarsch mit Gepäck, ist ja nicht so weit. Um ein Uhr bin ich endlich zuhause. Reisen ist anstrengend.
Aber die Anstrengung war es wert. Und Amorgos hat mich mit Sicherheit nicht zum letzten Mal gesehen.