Nikitas, Sylvestros und der Prophet Ilias

Um halb zwei Uhr nachts legt die "Olympus" in Kamares an. Es sind nicht viele Menschen, die von Bord gehen, und offiziell gilt eigentlich noch eine nächtliche Ausgangssperre. Ich habe mir vorab ein Taxi bestellt, und für 15 Euro bringt mich Nikiforos hinauf nach Ano Petali zu Flora Geronti. Auch sie muss ich nicht wecken, denn das erste Zimmer - schon von früheren Aufenthalten vertraut - steht für mich bereit, der Schlüssel steckt. Schnell ins Bett, müde genug bin ich schon.

 

Flora begrüßt mich dann am Morgen und bringt mir Joghurt zum Frühstück. Schön, wieder hier zu sein, wenn auch nur für drei Nächte.

Von den vier Zimmer ist nur noch eine weiteres belegt, das ganz hinten. Ein Mann wohnt dort, und er kommt mir bekannt vor, aber ich kann ihn nicht einordnen. Am Abend wird er mich ansprechen: es ist der österreichische Nachbar von vor zwei Jahren. Der mit den vier Teddybären. Damals allerdings mit Gattin, die nun coronabedingt zuhause geblieben ist. Und mit ihr zwei der vier Bären. Die beiden anderen durften mit. Auch Teddybären können Wiedergänger werden ... Und nein, er würde nicht im Internet über Reisen mit Bären bloggen oder so. Ich fühle mich ertappt, aber andererseits ist es auch eine nette Wiederbegegnung.

Ich genieße also die Terrasse mit der Aussicht hinüber nach Paros und Antiparos und kontaktiere dann Konrad und Margarete aus Köln, die schon seit einigen Tagen in Artemonas im "Myrtho" residieren. Da der Fußweg in Artemonas wegen Leitungsarbeiten aufgerissen und schlecht begehbar sei, holt Konrad mich unten an der Straße mit dem Mietauto ab (die Auffahrt zur Geronti-Nachbarschaft ist steil und kurvig, das muss man einem Mietauto nicht zumuten).

 

Das "Myrtho" liegt etwas abseits und ruhig in einem grünen Garten mit Blick nach Südwesten und zum Profitis Ilias. Nun müssen wir natürlich erst mal schwätzen. Und ich das Mitbringsel der Nonne von Anafi übergeben. Weil Margarete gesundheitlich angeschlagen ist (es wird doch keine Corona sein? Wo sie doch geimpft ist...) gehen sie und Konrad es ruhiger an. Das passt mir nach den wanderreichen letzten Tagen durchaus auch, und so fahren wir wenig später mit dem Mietwagen nach Chrissopigi zwecks Baden und Essen.

Es ist wärmer heute als die letzten Tage, und am Strand von Apokofto herrscht reges Treiben. Zum ersten Mal merke ich, dass die Saison doch schon weiter fortgeschritten ist als mein gewohnter Mai.

 

Beim Baden betrachte ich die fähnchengeschmückte Kapelle auf dem Felsen. Am Mittwoch, also übermorgen, ist das Pangiri zu Christi Himmelfahrt. Eigentlich hatte ich geplant, zu diesem Anlass mit der Speedrunner-Fähre nach Milos weiterzufahren und so mal den Blick auf das Prozessionsgeschehen von der Fähre aus zu haben. Der Fahrplan des "Speedrunner 3" war schon entsprechend angepasst.

Aber das blöde Virus hat mir und den Sifniern da leider kurzfristig einen Strich durch die Rechnung gemacht: dieses Jahr gibt es nur ein Panigiri light, ohne Fährbeteiligung ab Kamares, und die Ikone wird mit einem kleinen Boot nur von Platys Gialos nach Chrissopigi gebracht. Das Essen im Speisesaal fällt natürlich auch aus. Besser als nichts, wie im Vorjahr. Dann werde ich eben ganz normal am Mittwochabend nach Milos übersetzen. Schade, aber nicht so schlimm.

 

Nach dem Baden statte ich der Kapelle einen schnellen Besuch ab. Drei Kirchenfahnen wehen auf der Plattform hinter der Kirche im Wind, sonst scheinen die Vorbereitungen schon abgeschlossen. Die Besucher verteilen sich eher auf den Felsen an der Küste als in der Kirche, nun zur Mittasgzeit.

Wir essen zu Mittag in der Taverne "Chrissopigi". Der Kapernsalat ist ungewöhnlich und schmeckt gut. Danach fahren wir noch nach Kamares auf ein Eis und zum Einkauf von etwas Töpferware bei Antonis, und zum Abendessen treffen wir uns in Apollonia bei "Margarita". Die Taverne ist gut belegt, es ist ja nur Außengastronomie erlaubt. Wir bestellen Rote-Bete-Salat, Fava, Artischocken (leider mit Shrimps dekoriert, was Margarete überhaupt nicht mag: akute Fisch-Allergie). Wieder steht keine Ceviche auf der Karte, aber ich frage danach, und bekomme dann eine Portion. Die in Zitronensaft gebeizten dünnen Fischscheiben sind gut, aber etwas fad. Manchmal ist da so, dass die Dinge in der Erinnerung immer besser werden, und man bei der Wiederholung etwas enttäuscht ist.

So einen passiven Urlaubstag habe ich lange nicht mehr gehabt. Und so ist das auch, wenn man ein Mietauto zur Verfügung hat - da schrumpft der Reisebericht zur Aufzählung von Orten und Tavernen und die Insel wird kleiner. Aber irgendwie auch beliebiger. Zu Fuß ist es auf alle Fälle besser. Morgen dann.

 

*

 

Es gibt nicht mehr viele Wege auf Sifnos, die ich noch nicht gewandert bin. Vor allem von den Sifnos Trails. Beim letzten Besuch wurde meine Aufmerksamkeit auf zwei Gipfel gelenkt, die etwas abseits liegen und nicht durch die Sifnos Trails erschlossen werden: Agios Nikitas sto Selladi und Agios Sylvestros. Von Troulaki aus kann man sie in einer Wanderung miteinander verknüpfen und dann nach Artemonas weiterwandern.

Der Bus nach Cheronissos und Troulaki würde um halb elf ab Artemonas fahren, aber Konrad und Margarete lassen es sich nicht nehmen, mich nach Troulaki zu fahren und den Tag in Cheronissos zu verbringen. Konrad wäre vielleicht gerne mitgewandert, aber lässt es dann doch.

 

Von Troulaki aus sind in meiner Karte von Skai-Terrain mehrere Wege Richtung Agios Nikitas eingezeichnet. Ich suche im kniehohen Gestrüpp bei einer Kapelle und einem Dreschplatz nördlich des Ortes vergeblich nach einem Einstieg und bin ziemlich eingeschüchtert, als nur wenige Schritte von der Straße entfernt eine imposante Schlange zischend direkt vor mir das Weite sucht. Hoppla, mal wieder eine Milos-Viper? Dann werde ich doch den anderen Weg nehmen, der östlich von Troulaki nach der S-Kurve von der Straße abzweigt. Hier bin ich richtig, nur noch ein Tor öffnen und schließen und dann geht es parallel zur Straße auf einem schmalen Monopati leicht aufwärts. Von der anderen Talseite her grüßen die beiden Gipfelkapellen Agios Simeon und Profitis Ilias Troulakiou.

Das Wetter ist noch angenehm zum Wandern, nicht zu warm und etwas Wind. Nach wenige Minuten stoße ich auf dem Bergsattel auf eine Piste, die im Zickzack von der Straße herauf führt. Hier muss ich nun nach Nordwesten abbiegen und sehe bald mein erstes Tagesziel, die Kapelle des Agios Nikitas sto Selladi, vor mir, die ich nach fünf Minuten erreiche. Gemäß der Bezeichnung auf meiner Karte ist sie von mykenischen Mauern umgeben, oder dem, was davon übrig ist. Man sieht es wenn man es weiß.

Zur Kapelle gehören die für Sifnos obligatorischen Nebengebäude, die aber alle verschlossen sind. Nicht typisch für Sifnos! Die Kapelle ist aber geöffnet und offeriert ein sehr gepflegtes Inneres. Zeit für Kerzen und einen Eintrag im Gästebuch.

 

Von der Nordseite hat man einen schönen Blick auf den Nordwestzipfel der Insel und hinüber nach Serifos mit der Chora. Auf der anderen Seite guckt nun hinter der vorderen Bergreihe mit Agios Simeon auch der hohe Profitis Ilias heraus. Ob ich mir den morgen mal wieder zu Gemüte führen soll?

Nach einer kurzen Rast setze ich meine Wanderung fort. Wieder bis zum Sattel hinab, dann weiter geradeaus nach Osten. Der Gipfel bei Agios Sylvestros kann ich schon sehen, die namensgebende Kapelle liegt fast verdeckt dahinter.

 

Nach sechs-, siebenhundert Metern zweigt der Hauptweg nach rechts unten ab, ich bleibe aber oben und gehe, nun zunehmend pfadlos, durch niedriges Gestrüpp und über grobe Steinbrocken. Die Sonne knallt inzwischen ganz schön von oben und ich schwitze. Schatten wäre schön, aber ist nirgends zu sehen. Schließlich erreiche ich den oberen Rand einer Senke, hinter der dann mein zweites Tagesziel, der heilige Silvester, liegt. Ein lückenhafte Mauer kreist die Senke ein, die dicht bewachsen ist. Ich versuche zunächst, mir einen Weg hindurch zu bahnen, muss aber erkennen, dass kein Durchkommen ist. So probiere ich es links entlang der Mauer, immer aufpassend, mir weder die Waden zu zerkratzen(klappt nicht) noch den Knöchel zu verknacksen (klappt). Ein herumliegender Ziegenschädel warnt. So weglos weiß ich die gebahnten Sifnos Trails erst recht zu schätzen. Wie beim unterhalb liegenden Agios Sostis soll es hier in der Antike Eisenminen gegeben haben.

 

Hinter der Senke geht es nun durch mit Wacholderbüschen und Steinbrocken durchsetztes Gelände wieder aufwärts auf den Gipfel, der mit einem Betonpfosten markiert und 359 Meter hoch ist. Eine tolle Aussicht!

 

Die Kapellenanlage liegt einige Meter südlich davon, und nachdem ich das Panorama ausreichend genossen habe, steige ich zu ihr hinab. Sie ist gepflegter als die des heiligen Nikitas, mit gemauerten Tischen und Bänken. Und schönem Blick ins Tal mit der Kapelle des Agios Ioannis Prodromos. Auf Sifnos einen kapellenfreien Blick zu finden, ist fast unmöglich. Von weiter links dringen Staub und Lärm eines kleinen Steinbruches samt Zementsilos herauf.

Nun widme ich mich dem heiligen Sylvestros, der im Gegensatz zum gleichnamigen westlichen Heiligen seinen Namenstag erst am 2. Januar feiert. Auch hier ist die Kapelle geöffnet und gepflegt. Mit den Kerzen, das lasse ich jetzt mal, sonst wird man ja arm auf Sifnos. Aber hier sind die auch Nebengebäude geöffnet, die Küche und der große Essraum, der mit auf Holz gemalten, naiven Bildern verziert ist. Antonis K. hat sie gemalt, der töpfernde Kamaki aus Kamares, bei dem ich gestern eingekauft habe. Und natürlich stehen auch Keramikkrüge und -teller parat. Nur mit Wasser sieht es schlecht aus, eine Plastikflasche ist fast leer. Da ist zwar eine Zisterne in der Küche, und Wasser ist auch noch drin. Aber der Qualität traue ich nicht, und greife für einen Elleniko, den ich mir auf dem Gaskocher zubereite, lieber auf mein eigenes Wasser zurück. Den Kaffee genieße ich auf der sonnengleisenden Terrasse mit Blick zurück auf meinen bisherigen Weg. Etwa die Hälfte dürfte ich jetzt haben. Eine SMS geht nach Köln, nein: Donoussa.

Der Weg steil hinab verläuft zunächst Richtung Osten entlang einer Mauer und ich befürchte schon, falsch zu sein. Aber dann bin ich doch richtig und treffe auf den Fußweg nach Agios Sostis, wohin ich vor drei Jahren gewandert bin. Auch wenn die Landschaft auf Sifnos nicht annähernd so vertrocknet ist wie Anafi, so ist sie doch weit von der blühenden Pracht entfernt, die ich bei meinen letzten Besuchen genießen konnte. Auch auf Sifnos hat es in den letzten Monaten viel zu wenig geregnet.

 

Der Weg mündet auf der Straße, der ich nun folge. Ich werde nicht nach Tris Piges hinabsteigen, sondern auf der Höhe dem Sifnos Trail Nr. 8 folgen. Denn in den windgeschützten Tälern sammelt sich die Wärme, während ich hier oben noch den einen oder anderen erfrischenden Lufthauch abbekomme.

 

Um Viertel vor vier erreiche ich den Friedhof von Agia Anna und damit den ersten, nördlichen Ort der zentrale Agglomeration Apollonia-Artemonas. Ich folge dem für Bauarbeiten aufgerissenen Pflasterweg abwärts nach Artemonas - diese Bauarbeiten scheinen sich wie ein rotes Faden durch die Orte zu ziehen (und werden offenbar gerne als Katzen- oder Hundeklo gebraucht). Aber mit Wanderstiefeln kein Problem.

 

Um vier Uhr schlage ich auf der Platia von Artemonas aus, meinem letzten Tagesziel. Zehn Kilometer bin ich gewandert, in drei Stunden reiner Gehzeit. 300 Meter aufwärts, 360 abwärts. Mehr und länger als ich vorher gedacht hatte.

Das Radler im "Liotrivi" hab ich mir redlich verdient. Auch ein schöner Platz um draußen zu sitzen und zu beobachten. Und abzukühlen. Um fünf Uhr bin ich dann wieder in meinem Quartier bei Flora.

Nach einem erfolgreichen Einkaufsbummel treffe ich mich am Abend mit Konrad und Margarete im "Drakakis". Sie hatten einen entspannten Tag in Cheronissos und Margarete scheint es besser zu gehen. Es freut mich, wenn sie ihren Urlaub nicht abbrechen müssen.

 

In Apollonia ist ganz schön was los, schnell sind die Tische bei "Drakakis" belegt (eine Reservierung ist nicht möglich). Ich nehme wieder die Lammspießchen mit Tabouleh, die mir besser schmecken als Konrad. Margarete ist mit ihrem pikanten Hühnchen ganz zufrieden. Mit Maroulisalat und Wein bezahlen wir 50 Euro und sitzen noch länger.

Ich werde morgen Abend schon abreisen, kann aber auf meinem Zimmer bleiben so lange ich möchte. So möchte ich am Vormittag auf den Profitis Ilias (o Psilos). Vielleicht kommt Konrad mit.

 

*

 

Am Mittwochvormittag gegen Viertel nach neun ziehe ich dann doch alleine los. Der Himmel ist wolkenlos, so allmählich verschafft sich der Sommer doch Geltung.

Konrad und Margarete haben sich doch zum Urlaubsabbruch und der Abreise von Sifnos gen Santorin in zwei Tagen entschlossen, und da muss nun einiges organisiert werden. Am Nachmittag werden sie sich das Panigiri bei Chrissopigi ansehen, wenn ich mich auf den Weg nach Kamares machen werde. Sehr schade für sie, die nach dem Verzicht 2020 eigentlich noch gut zwei weitere Wochen auf den Kykladen bleiben wollten, aber die Gesundheit und die ärztliche Versorgung gehen vor. Es war nett, sich getroffen zu haben.

 

Der Gang aufwärts durch das fähnchengeschmückte Apollonia und Katavati macht Freude, das Ziel auf dem felsigen Bergrücken habe ich vor Augen. Bei Fyrogia fällt mir ein großes Werbeplakat für Sifnos Horseriding auf, die hier stationiert sind. Auf dem Pferderücken auf den Sifnos Trails? Mhh, und wer fragt das Pferd? Zumal die Touren auch für Leute angeboten werden, die noch nie geritten sind. Ich bin lieber auf meinen eigenen Beinen unterwegs. Oder kann nicht mal jemand Kajak Trips hier anbieten?

Der Trail Nummer sechs ist beginnt hier wirklich und ist immer deutlich beschildert. Nach 300 Metern kommt eine Wegkreuzung, links geht es nach Agios Andreas, rechts nach Vathy und zum Ilias. 3,1 Kilometer und eine Stunde vierzig Minuten werden bis zum Gipfel angezeigt. Ich werde eine Stunde und zwanzig Minuten brauchen. Den Weg nach Vathy lasse ich dann wenig später links liegen. Könnte man auf dem Abstieg mitnehmen wie Jörg, aber dazu fehlt mir heute die Zeit und die Lust.

 

Der Anfang fällt mir leicht, ich bin ja jetzt auch gut eingewandert. Und am Anfang verläuft der oft gepflasterte Weg auch noch eher sanft aufwärts. Das ändert sich nach einiger Zeit, als man auch die Klosteranlage auf dem Gipfel wieder sehen kann, die vorher vom Bergrücken verdeckt war. Es wird nun steiler. Sechs Franzosen kommen mir entgegen, frohgemut bergab.

 

Das Ziel sieht nun sehr nah aus, aber es sind noch einige Höhenmeter. Ich pausiere öfters kurz, gucke hinab, wo ich vor drei Jahren mit Renate den Berg umrundet habe. Da ist der Hof mit Ziegen und Schafen. Ihre Glocken geben den Soundtrack der letzten Meter, deren Steilheit mir ordentlich zusetzt und mich fast in die Knie zwingt. Um elf Uhr zwanzig stehe ich schließlich auf dem Sattel zwischen dem Kloster und der östlich liegenden Kapelle des Agios Elisseos. Geschafft!

Die runde Keramiktafel mit der darauf abgebildeten südwestlichen Ägäis und Sifnos im Zentrum, die vor dem Kloster angebracht ist, lässt mich an ihren Stifter denken, den das Virus im Frühjahr böse erwischt hatte. Wochenlang lag er auf der Intensivstation, kämpfte um sein Leben. Gott sei Dank hat er überlebt, und erholt sich gerade in der Reha. Ich schicke ihm ein Gipfelfoto mit Genesungswünschen.

 

Dann geht eine SMS an Konrad, der mich von der Terrasse des "Myrtho" mit dem Teleobjektiv seiner Fotokamera auf dem Gipfel (bzw. davor) einfangen möchte. Was tatsächlich gelingt, wenn auch nicht sicher identifizierbar

Und natürlich bestaune ich das Panorama mit den weißgetupften Gipfeln im Norden und Kastro im Osten.

 

Als ich danach wieder bei Kräften bin, betrete ich das Klostergebäude, dessen Tor nur angelehnt ist. Es ist niemand da außer mir, nur einige Krähen krächzen im Vorbeifliegen, eine Tüte raschelt im Wind. Vor mir wächst die Rückseite der Kirche hoch, die Kuppel weiß, die Wände ungestrichen in Mörtelgrau. Auf der Frontseite zieren helle Flecken die Fassade, eine interessante Optik. Kirche und Nebengebäude sind geöffnet, vom Speiseraum führt ein niedrige Türe hinaus zum Gipfel. Überall Ziegenköttel und das Ganze doch sehr ausgesetzt. Das spare ich mir, denn Ausblick nach Südwesten bis Kimolos - weiß leuchtet der Bentonitabbau - und Poliegos habe ich auch, wenn ich auf das Dach eines Nebengebäudes steige. Schön hier.

Nach einer Vesperpause im Innenhof und einem Besuch der Kapelle des heiligen Elisseos beginne ich um halb eins den Abstieg. Wanderer kommen mir entgegen, der Prophet lockt heute die Gipfelstürmer. Im ersten Mini-Markt in Katavati kaufe ich mir ein eisgekühltes Getränk, die Tour hat echt Durst gemacht. Um zehn vor zwei erreiche ich Apollonia und um zwei Uhr bin ich wieder in Ano Petali. Auf die Dusche hab ich mich die letzten Meter schon gefreut. Es wird täglich wärmer und das Wandern härter. 10,9 Kilometer zeigt die Tracking-App an, und 565 Höhenmeter. Auch das mehr als gedacht.

Ich packe und esse den köstlichen Kuchen, den Flora mir gebracht hat. Den restlichen Nachmittag entspanne ich auf der Terrasse, und verabschiede mich von Flora. Um fünf Uhr kommt Nikiforos, der Taxifahrer und bringt mich hinab nach Kamares (12 Euro).

 

Beim Ticketkauf wird nun ein Formular fällig, das mit die Ticketverkäuferin ausdruckt und das beim Betreten der Fähre eingesammelt wird. Test oder Impfnachweis sind aber nicht nötig. Den Trolley lasse ich am Hafen stehen, bummle etwas durch Kamares und esse noch ein Eis.

 

Bevor der "Speedrunner 3" pünktlich um halb sieben eintrifft, kommt noch der "Superjet". Und mitten im größten Gedrängel in Wartebereich taucht der Töpfer Antonis auf und tauscht die defekten tönernen Aschenbecher auf der Mauer des Wartepferches aus. Eine Übersprungshandlung? Wäre heute ein normales Chrissopigi-Panigiri, so würde er mit seinem Boot um den Speedrunner sausen. Das Panigiri light auf der anderen Inselseite scheint er lieber zu ignorieren.

Und mich bringt der Speedrunner ohne Umweg in einer Stunde nach Milos, meiner letzten Insel für diesen Urlaub.